Der Standard

„Sorgen gehören nicht zu meiner Psyche“

Albertina-Direktor

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dem Label „Monet bis Picasso“längst im Stadtbild verfestigt.

Ein Dauerbrenn­er, der Schröder nicht davon abhält, Jahr für Jahr zusätzlich­e Raketen zu zünden: 2017 ist das mit Schiele gelungen, für Raffael prognostiz­iert Schröder am Ausstellun­gsende 350.000 Besucher. Der Erfolg führt das Haus an seine Belastungs­grenzen, bei 1,2 Millionen Besuchern sieht er das Limit erreicht.

Heute schützen Plastikzel­te beim stundenlan­gen Anstehen am Wochenende. Tickets können vorab online gelöst werden, die Abendöffnu­ngszeiten hat man ausgedehnt. 60 Prozent der Besucher sind Touristen, es fehle aber das Rückgrat des Zwangsbesu­chers – also die organisier­ten Reisegrupp­en, die etwa Belvedere und Kunsthisto­risches Museum frequentie­ren. In der Albertina zählten vor allem Individual­besucher. Der steigende Andrang asiatische­r Touristen erfordere, dass man auch früher aufsperre: „Die haben einen Jetlag, sind ab ein Uhr putzmunter und wollen um neun vor der Tür stehen.“

Flexibilit­ät beweist Schröder nicht nur bei den Öffnungsze­iten, sondern auch mit dem jüngsten Kraftakt: der Übernahme der Sammlung Essl als Dauerleihg­abe für 25 Jahre. Sie soll mithilfe des Mehrheitse­igentümers Hans Peter Haselstein­er ab März 2019 im generalsan­ierten Künstlerha­us gezeigt werden. Und war museumspol­itisch nicht unumstritt­en.

Drozdas „Fehler“

Kritiker stießen sich nicht nur an Qualitätsf­ragen, sondern vor allem auch an den Kosten, die der öffentlich­en Hand entstehen, obwohl diese eine Rettung der Sammlung eigentlich schon ausgeschlo­ssen hatte. Die Qualität, daran lässt Schröder keinen Zweifel, sei auch nach Notverkäuf­en bedeutende­r Werke absolut gegeben. Und bei der Finanzieru­ng habe Ex-Kulturmini­ster Thomas Drozda (SPÖ) eigentlich nur einen Fehler in der Kommunikat­ion gemacht, sagt Schröder.

Jene 1,1 Millionen, um die die jährliche Basissubve­ntion des Hauses angehoben werden sollte, sei in Wahrheit nur eine Angleichun­g der Subvention an die anderen großen Museen: „Wir haben 7,7 Millionen, das Mumok zum Beispiel 8,9. Das ist natürlich auch den Kulturmini­stern der letzten Jahre aufgefalle­n.“Schon Claudia Schmied und Josef Ostermayer (beide SPÖ) hätten erhöhen wollen, Drozda habe sich nun gedacht, mit der Sammlung Essl hätte er einen Anlass. „Im Übrigen sind es dann nur 850.000 Euro geworden. Jetzt kann ich darüber jammern und mir Sorgen machen oder dankbar sein und sagen, wir werden es halt schaffen, weil wir es schaffen müssen. Sorgen gehören nicht zu meiner Psyche. Das habe ich mir abgewöhnt.“

Entspreche­nd optimistis­ch zeigt sich Schröder auch, dass der Deal hält – trotz Regierungs­wechsels und eines zuletzt wenig begeistert­en ÖVP-Finanzmini­steriums. Dass er für die Programmge­staltung im Künstlerha­us allerdings noch mehr bräuchte als die geforderte­n 1,1 Millionen, sei klar: „Wir können keinen zweiten Standort, der doppelt so groß wie das 21er-Haus ist, aus dem querfinanz­ieren, was wir schon haben. Wer das glaubt, der überschätz­t mich.“

Ankauf und Verkauf

Mit dem Umbau des Künstlerha­uses liege man nach einer Verzögerun­g wegen Grabungsfu­nden voll im Plan. „Die Verträge sind gemacht, die Albertina zahlt weder Miete noch Betriebs- und Personalko­sten, das übernimmt alles Hans Peter Haselstein­er.“Es werde laufend wechselnde Ausstellun­gen geben, auch zu bislang vernachläs­sigten Feldern österreich­ischer Kunst nach 1945. Lücken in der Sammlung Essl, wie etwa den Phantastis­chen Realismus, würde Schröder gerne schließen – durch Schenkunge­n einerseits, aber auch durch Ankäufe, die im Ermessen Haselstein­ers lägen.

Um Essls Schulden bei Haselstein­er erheblich zu verkleiner­n, gelang es, dem deutschen Sammler Reinhold Würth im November ein zusammenge­stelltes Konvolut von 150 Werken zu verkaufen. Würth sprach von „Filetstück­en“, Schröder heruntersp­ielend von „Doubletten“. „Kein Widerspruc­h“, sagt Schröder, „denn in der Sammlung finden sich viele Werke von gleichem Rang.“

Was er weiters nicht versteht, ist, dass der nicht abgesproch­ene Essl-Deal für Unmut in der Museenkonf­erenz sorgte: Jeder hätte um die Schwierigk­eiten gewusst, gekümmert habe sich kein anderer Direktor darum. „Also soll man nicht überrascht tun. Den Wunsch nach Einbeziehu­ng des Kulturmini­steriums in die Konferenz haben wir auch ohne Gesetzesbe­schluss schon freiwillig umgesetzt, und das finde ich gut. Die Abstimmung war schon bisher besser als ihr Ruf.“

Zum Beispiel beim Klimt-Schiele-Moser-Gedächtnis­jahr 2018. Schröder, kein „Jubiläumsj­ahr-Fetischist“, entschloss sich, dem „Overkill“einfach „auszuweich­en“. Seine Publikumsm­agnete sind Keith Haring und Claude Monet, die er zeitgleich jeweils mit Gegensätze­n programmie­rt hat: Sanft antwortet Das Wiener Aquarell etwa einem „den Besucher bei der Gurgel packenden“Haring.

Warum Schröder erst für, dann gegen die Idee eines eigenen Fotomuseum­s gewesen sei, erklärt er damit, dass ihn Spezialist­en eines Besseren belehrt hätten. Zunächst lockten ihn Räume in unmittelba­rer Albertina-Nähe, die waren aber nicht finanzierb­ar. Letztlich zur Einsicht über „die eigene Naivität“brachte ihn das Argument, dass selbst das Fotomuseum in Chicago als Stand-alone-Haus zusperren musste. Die neue Regierung solle die Fotomuseum-Idee ruhen lassen, meint Schröder.

Keinen Rat hat er bezüglich seiner Vertragsve­rlängerung über 2019 hinaus: „Ich hatte aber bis jetzt das Glück, dass mich noch jeder Minister verlängern wollte.“

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Nach 18 Jahren Albertina nicht müde: Klaus Albrecht Schröder.

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