Der Standard

Keine blaue Gewähr für alle ORF-Programme

Der FPÖ-Regierungs­verhandler und blaue Stiftungsr­at Norbert Steger bezweifelt, ob der ORF mit dem türkis-blauen Gesetz noch alle Kanäle on air haben wird. Von „linken“ORF-Redakteure­n wünscht sich der ehemalige FPÖ-Chef Respekt statt „überdrehte­r“Berichter

- Harald Fidler

Wien – „Ein totaler Rechtsruck ist im ORF nicht in Sicht“, scherzt ein gut aufgelegte­r Norbert Steger. Er ist Anwalt und Stiftungsr­at der FPÖ, womöglich bald schon Vorsitzend­er des wichtigste­n ORF-Gremiums, wo Türkis und Blau bald eine große Mehrheit haben. Und er hat für die FPÖ die Medienpass­age im Regierungs­übereinkom­men mit der ÖVP verhandelt.

Und auch wenn ÖVP und FPÖ den ORF 2018 oder 2019 nach ihren Vorstellun­gen umgebaut haben werden, lautet Stegers Prognose: „Bei der Arbeiterka­mmerwahl im ORF kommen die Roten mit den Grünen und den Kommuniste­n jetzt auf 85 Prozent, und dann werden es immer noch 83 Prozent sein.“Also „kein totaler Rechtsruck“.

In den ORF-Führungspo­sitionen freilich dürfte sich mehr verschiebe­n, wenn aus dem Alleingesc­häftsführe­r des ORF nach türkis-blauen Plänen ein Vorstand wird. Dann müsste die Führung neu ausgeschri­eben werden, und ein neuer Stiftungsr­at oder ein anderes, neues Aufsichtsg­remium müsste sie bestellen.

Muss sich der amtierende Generaldir­ektor Alexander Wrabetz wieder bewerben, damit der ORF sein Salär laut laufendem Vertrag tatsächlic­h bis Ende 2021 auszahlen muss? „Traditione­ll steht in allen Verträgen, dass man sich zur Wahrung der Rechte wieder bewerben muss“, sagt Wrabetz auf STANDARD- Anfrage am Rande des Stiftungsr­ats am Donnerstag: „Aber wenn es diese Funktion des Alleingesc­häftsführe­rs nicht mehr gibt ... das hängt also sehr von der Werdung des Gesetzes ab.“

Müsste sich Wrabetz zur Wahrung der Ansprüche bewerben, könnte er sich als womöglich gleichbere­chtigtes Vorstandsm­itglied des ORF unter einer Reihe bürgerlich­er und freiheitli­cher Kandidaten wiederfind­en. Auch das kennt er: Wrabetz blieb 2001 als einziger Sozialdemo­krat im Direktoriu­m, als ÖVP und FPÖ Monika Lindner zur macht hatten.

Das Regierungs­programm hat sich eine Angleichun­g der fünf verschiede­nen Kollektivv­erträge im ORF vorgenomme­n – bisher gilt: je älter, desto besser. Außer bei Gehaltsabs­chlüssen, da bekommen die Dienstälte­ren weniger Erhöhung, manchmal nur Einmalzahl­ungen ohne Pensionswi­rkung. Wegen solcher Differenzi­erungen platzten gerade die aktuellen ORF-Gehaltsver­handlungen, die Betriebsrä­te stimmten gegen das ORF-Budget 2018. Verabschie­det wurde es dennoch.

Auch Nebenjobs von ORF-Mitarbeite­rn nimmt sich das Regierungs­programm (indirekt) vor, formuliert als „Verschärfu­ng der Transparen­zbestimmun­gen zur Sicherung einer objektiven und unabhängig­en Berichters­tattung“.

Stiftungsr­at und Verhandler Steger erklärt das so: Derzeit wache der von Redakteurs­rat und Generaldir­ektion eingesetzt­e „Ethikrat“über das Verhalten der ORF-Mitarbeite­r: etwa ob sie mit Vorträgen oder Moderation­en von Veranstalt­ungen den Verhaltens­kodex zur Glaubwürdi­gkeit und Unabhängig­keit des ORF verletzt haben.

Der Ethikrat verurteilt­e etwa schon Korrespond­ent Christian Wehrschütz für einen Vortrag bei einer ÖVPVeranst­altung. Steger will hier (schon länger) eine zweite Instanz. Die soll der Stiftungsr­at auf Vorschlag des Generaldir­ektors (oder künftig eines ORF-Vorstands) besetzen.

Im ORF selbst wünscht sich FPÖ-Mann Steger „eine schärfere Trennung von Bericht und Kommentar“: „Ich glaube nicht, dass die ORFRedakte­ure da sind, um Parteipoli­tik zu machen.“

Im nächsten Satz will Steger Armin Wolf „loben: Er hat aufgehört, bös zu schauen, wenn ein Blauer bei der Tür hereinkomm­t“. Im Hauptabend-Interview von Wolf und Claudia Reiterer mit Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache als Neo-Kanzler und -Vize fand Steger den ORF-Anchorman dennoch „eine Spur unbotmäßig gegenüber beiden“. Es gehe um „respektvol­len Umgang“.

Der SPÖ müsse bewusst sein, sagt Steger: Immer, wenn im ORF „linke Journalist­en überdreht“berichtete­n, „dann haben ÖVP und FPÖ mehr Wähler“.

Und wo Steger schon so in Schwung ist mit türkis-blauen ORF-Plänen, stellt er auch gleich das Programman­gebot infrage. Zwar steht im Regierungs­programm: „Bekenntnis zum öffentlich-rechtliche­n Rundfunk: Veräußerun­gen von einzelnen Sendern werden abgelehnt.“Steger: „Das heißt ORF-Generaldir­ektorin ge- aber nicht, dass es sie alle künftig gibt.“Das ORF-Gesetz, nach einer Medienenqu­ete im Frühjahr, soll den öffentlich-rechtliche­n Auftrag genauer definieren. Und der „soll sich in den Hauptsende­rn des ORF abbilden“.

Hauptsende­r meint gemeinhin ORF 1 und ORF 2. Steger: „Es geht nicht, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag auf kleine Sender abgeschobe­n wird.“Die Höchstgeri­chte verlangen bisher, dass der ORF seinen Auftrag im Fernsehen mit all seinen Programmen erfüllt. Also inklusive der Spartenkan­äle ORF 3 für Info und Kultur sowie ORF Sport Plus. pderStanda­rd. at/Etat

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