Kein Koscher-Zertifikat für FPÖ
Jüdische Gemeinde uneinig über Umgang mit Strache
Wien – Innerhalb der jüdischen Gemeinde in Österreich ist ein Streit über den Umgang mit der FPÖ und deren Regierungsbeteiligung entbrannt. Auslöser war ein Kommentar des nunmehrigen ÖVP-Abgeordneten Martin Engelberg in der israelischen Tageszeitung Haaretz, in dem er „als erster aktiver jüdischer österreichischer Abgeordneter der Nachkriegszeit“die Koalition mit der FPÖ verteidigt. Die habe sich „ungeachtet ihrer nationalsozialistischen Wurzeln längst zu einer einwanderungsfeindlichen, populistischen Bewegung“gewandelt. „In Österreich kommt die wahre antisemitische Bedrohung von den Muslimen, nicht den Nazis.“
Oscar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, stellte in Haaretz klar, dass die jüdische Gemeinde in Österreich und der Staat Israel nicht bereit seien, „der FPÖ ein KoscherZertifikat auszustellen“. Der Grund für den Boykott der freiheitlichen Minister sei nicht die „Nazi-Vergangenheit“des deutschnationalen Lagers. „Die Partei hat sich nie davon distanziert. Was die FPÖ heute ist und wofür die Partei wirklich steht – das ist das Problem“, begründete Deutsch seine Ablehnung. Dies könne auch nicht durch symbolische Besuche der Parteispitze in Israel verdeckt werden.
Ariel Muzicant, Deutschs Vorgänger als IKG-Präsident, verweist in der Presse auf die mangelnde Glaubwürdigkeit von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Weder die großen jüdischen Organisationen noch die israelische Regierung „und ganz sicher nicht die jüdische Gemeinde in Österreich“würden auf Annäherungsversuche eingehen. Strache versuche, „mit einem Hintern auf zwei Hochzeiten zu tanzen“.
Auf Empörung stieß der Versuch von Engelberg, in einem Wiener Café Holocaust-Überlebende zu einem Treffen mit Kanzler Sebastian Kurz einzuladen, bei dem auch Strache anwesend sein würde. Engelberg rechtfertigte dies damit, dass es sich um einen offiziellen Staatsakt aus Anlass des Holocaust-Gedenktages am 27. Jänner handeln würde. Einen solchen Staatsakt gibt es allerdings nicht, geplant ist eine Veranstaltung im Parlament. (völ)