Das Beste des Wissenschaftsjahres 2017
Unter den Abertausenden von Studien, die Forscher dieses Jahr wieder publizierten, fällt eine Auswahl der wichtigsten neuen Erkenntnisse naturgemäß schwer. Aber auf einige besonders spektakuläre Durchbrüche können sich wohl die meisten Beobachter einigen.
Also es ist jetzt Zeit. Wir machen was Neues.
Zur Einstimmung auf das frisch eingebrockte Regierungsprogramm, das die abendländische Kultur fest im Tunnelblick hat. Geschenke bekommen heuer nur noch die, die auch was geleistet haben. Wie wir Leistung definieren? Ganz einfach. Je mehr sie schon haben, umso reichhaltiger werden sie auch beschenkt. Und weil ihre Vollwertigkeit ein Geschenk an und für sich ist, müssen sie auch nicht wirklich was hergeben.
Woher das Geld dafür kommt? Ganz einfach. Alle, die dieses Jahr kränkelten oder viel zu tun hatten und deshalb auch nicht genug für den Rest der Familie unternommen haben, müssen in einen Topf einzahlen. Selbstredend bekommen sie weniger als alle anderen daraus zurück. Weil, völlig einleuchtend, ihre Schlamperei ja irgendwie wieder gutgemacht werden muss.
Am Festtagstisch werden die Manieren bewertet. Aber bitte nicht mündlich, sondern mit Noten von 1 bis 5. Wer schlecht abschneidet, könnte ohne Nachspeise sitzenbleiben. Falls wir mit Mitfeierenden rechnen, wie jedes Jahr bei uns üblich: eine klitzekleine Änderung. Die sitzen heuer das gesamte Fest über im Vorraum. Erstens ist es dort auch schön, und zweitens stören die dort niemanden. Und dazu gehören sie ja auch nicht wirklich. Genaugenommen. Kernfamilientechnisch betrachtet.
Falls wer von denen das Klo nicht findet: Wir erklären nicht, wo es ist. Holschuld und nicht Bringschuld, meine Damen und Herren! Es ist schließlich die Pflicht jedes Gastes, sich selbst zu informieren. Wenn das zu diversen peinlichen Malheurs führt, müssen eben Strafen her. Weil: Schweinderln sind hier nicht willkommen. Schön sauber bleiben, bitte. Wer neu sein will, muss leiden. Mit oder ohne des Kaisers neue Kleider.
Das alles konsequent zu Ende gedacht, kommen wir als Familiensystem kollektiv nun doch zu dem Schluss, dass wir alles beim Alten lassen. Das schlimmste herkömmliche Stressdrama ist immer noch angenehmer als die neue Fairness. Wien – „Überhaupt hat der Fortschritt das an sich, dass er viel größer ausschaut, als er wirklich ist.“Dieses alte Diktum von Nestroy fand der Philosoph Ludwig Wittgenstein so gelungen, dass er es einem seiner Bücher voranstellte. In der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts haben wir eher das Problem, kaum mehr mit all den neuen Erkenntnissen mitzukommen, die von der entfesselten Forschung produziert werden.
Auch das zu Ende gehende Jahr war wieder einmal überreich an Durchbrüchen. Für viele – unter anderem für die Redaktion des Wissenschaftsjournals Science – stach dabei ein Ereignis hervor: die von tausenden Astronomen und Astrophysikern beobachtete Verschmelzung zweier Neutronensterne, die eigentlich bereits vor 130 Millionen Jahre stattfand.
Ein kosmisches Ereignis
Die Folgen davon – Gravitationswellen und zwei Sekunden später ein Gammastrahlenblitz – erreichten am 17. August die Erde und wurden zuerst von den beiden Ligo- und Virgo-Detektoren und dann von mehr als 70 Großteleskopen beobachtet. Das machte das kosmische Ereignis, das gleich mehrere Theorien bestätigte, zum wohl am besten erforschten der Geschichte.
Zu den weiteren wichtigen Durchbrüchen des Jahres erklärte Science im Bereich der Biomedizin eine Verbesserung der GenSchere CRISPR/Cas-9, die das revolutionäre gentechnische Werkzeug noch präziser machte und Fortschritte in der Gentherapie, die im Fall von spinaler Muskelatrophie bereits Erfolge zeitigten.
Bemerkenswert fand die Science- Redaktion auch noch die Entdeckung einer neuen dritten Orang-Utan-Art, die ältesten Eisbohrkerne, die Aufschlüsse über das Klima vor 2,7 Millionen Jahren geben, sowie die nicht ganz unumstrittene Bestimmung des ältesten Homo sapiens, der vor rund 300.000 Jahren im heutigen Marokko lebte. Dessen Fossilien waren bereits 1961 entdeckt worden, aber irrtümlicherweise für einen Neandertaler gehalten worden.
Anders als Science nannte das britische Konkurrenzmagazin Nature in seinem Rückblick die zehn wichtigsten Wissenschafter 2017. Einer davon ist der chinesische Quantenphysiker Pan Jianwei, der 1999 bei Anton Zeilinger an der Uni Wien promovierte. Pan Jianwei und seinem Team gelang es mithilfe eines Satelliten, den bisherigen Rekord in Quanten-Teleportation zu brechen: ein wichtiger Schritt in Richtung QuantenInternet. (tasch)