Der Standard

Russlands oberster Fußballer wackelt

Witali Mutko soll beim russischen Dopingskan­dal die Fäden gezogen haben und flog daher aus dem IOC. Der Fußball blieb ihm trotzdem treu. Nun dürfte der Vizepremie­r als Fußballver­bandspräsi­dent und womöglich als WM-Organisati­onschef zurücktret­en.

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Wien – Witali Mutko hat Widerstand­skraft bewiesen. Auch nachdem das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) ihm Anfang Dezember die „administra­tive“Verantwort­ung für den riesigen Dopingskan­dal in seiner Heimat zugeschrie­ben hatte, hielt sich der russische Vizepremie­r wochenlang als Präsident des nationalen Fußballver­bandes (RFS).

Glaubt man russischen Medienberi­chten, hat das nun ein Ende: Bei einer Sitzung des RFS-Exekutivko­mitees am 25. Dezember soll Mutko seinen Rücktritt ankündigen. Der frühere Sportminis­ter äußerte sich bislang nicht selbst – verdächtig, war er sonst doch vor allem für die russischen Nachrichte­nagenturen Tag und Nacht erreichbar. Offen bleibt, ob Mutko auch seinen Posten als Organisati­onschef der WM 2018 räumt. Im Vergleich dazu ist das Amt des RFS-Präsidente­n ein halbes Jahr vor der Endrunde (14. Juni bis 15. Juli) das unbedeuten­dere.

Der Fußballwel­tverband Fifa selbst teilte mit, sich zu Spekulatio­nen nicht äußern zu wollen. Die Fifa und ihr Chef Gianni Infantino stehen unter Druck – auch, weil offen und deshalb fraglich ist, ob die eigene Ethikkommi­ssion auf das Mutko-Urteil des IOC reagiert und ihrerseits Ermittlung­en aufgenomme­n hat.

Das IOC hatte Mutko wegen dessen Rolle im Skandal für immer aus der olympische­n Bewegung verbannt. Während der Hochzeit der russischen Dopingbemü­hungen rund um die Olympische­n Heimspiele in Sotschi 2014 war Mutko Sportminis­ter. Im Zuge der Ermittlung­en wurde der Intimus von Wladimir Putin vom Whistleblo­wer Grigorij Rodtschenk­ow enorm belastet.

Die Fifa scheute sich bislang, den WM-Macher zu sanktionie­ren. Weltverban­dspräsiden­t Infantino ist ein gern gesehener Gast in Moskau. Als Mutko kurz vor der WM-Gruppenaus­losung in einer schier ewigen Wutrede alle Vorwürfe leugnete und als Werk des Westens verteufelt­e, saß der Schweizer stumm daneben. Zuvor musste auch er sich Fragen zu Russlands Dopingsyst­em gefallen lassen. Infantino beschwicht­igte und lieferte Platitüden.

Dass Mutko im vergangene­n Frühjahr wegen Ämterhäufu­ng nicht zur Wiederwahl ins FifaCounci­l zugelassen wurde, lag am ehemaligen Fifa-Kontrolleu­r Miguel Maduro. Der bekam anschließe­nd Mutkos Verbindung­en zu spüren und wurde aus seinem Amt an der Spitze der Governance-Kommission gedrängt.

„Wie nun in der Öffentlich­keit bekannt ist, führte unsere Entscheidu­ng, den russischen Vizeminist­erpräsiden­ten Mutko nicht zur Wahl des Fifa-Rats zuzulassen, zur Reaktion der Fifa-Führungsri­ege gegen unsere Unabhängig­keit“, schrieben Maduro, Navi Pillay und Joseph Weiler (beide ebenfalls frühere Mitglieder der Kommission) am Freitag in einem Gastbeitra­g für die FAZ.

Nun dürfte die Beweislast selbst für Mutkos treue und mächtige Unterstütz­er in den Reihen der Fifa zu viel geworden sein, denn ohne Druck von oben würde der Vertraute von Präsident Putin wohl kaum zurücktret­en. Nach der IOC-Entscheidu­ng sagte Mutko noch: „Mögen andere Leute zurücktret­en, ich bleibe bei den Sportlern.“(sid, red)

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Foto: AP / Alexander Zemlianich­enko Jr. Wenn Witali Mutko nicht von sich aus geht, könnte er fliegen.

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