Der Standard

Österreich­s olympische Eisbank

Seit zwölf Jahren verantwort­et der Deutsche René Friedl das Abschneide­n der Rodlerinne­n und Rodler aus Österreich. Seither hat noch bei jedem Großereign­is zumindest eine Medaille herausgesc­haut. Weshalb der Trainer auch Olympia in Pyeongchan­g nicht fürcht

- Sigi Lützow

Wien/Innsbruck – Eine klare Linie ist im Eiskanal nicht von Nachteil. Das weiß René Friedl (50), schließlic­h war der Mann aus dem Thüringer Wald damals, als es die DDR noch gab, selbst ein erfolgreic­her Rodler. Abseits des Eiskanals ist Geradlinig­keit gefordert, weshalb Friedl, nach den Olympiacha­ncen dieses Athleten, jener Athletin gefragt, die internen Richtlinie­n vermitteln will. „Wir fordern Spitzenlei­stungen“, sagt er und nennt Weltcuperg­ebnisse, die jedenfalls zu erreichen sind.

Er sagt aber auch, dass es einen Ermessenss­pielraum für den Trainer gibt. Österreich kann im Februar in Südkorea je drei Herren und Damen sowie zwei Doppelsitz­er an den Start bringen – es ist davon auszugehen, dass das Kontingent ausgeschöp­ft wird, wenn es denn halbwegs zu verantwort­en ist. Für Friedl zählt auch die Perspektiv­e. Ein Rodler, der nach diesem Winter seine Karriere beendet, könnte mit weniger Nachsicht rechnen, als ein junger, aufstreben­der Athlet. „Schließlic­h“, sagt Friedl, „ist Olympia eine ganz eigene Geschichte.“Es gibt im Unterschie­d zum Weltcup im Einzel vier Läufe an zwei Tagen, vor der Entscheidu­ng wird also noch einmal über das Halbzeiter­gebnis geschlafen – das kann an die Nerven gehen, vor allem, wenn es Träume rechtferti­gt und man das nicht unbedingt gewöhnt ist.

Friedl hat in Wolfgang Kindl einen diesbezügl­ich erfahrenen Einzelpilo­ten. Der 29-jährige Innsbrucke­r, Anfang des jetzt zu Ende gehenden Jahres Doppelwelt­meister auf seiner Heim-Bahn in Igls, rodelte schon in Vancouver und Sotschi mit. Neunten Rängen kann in Südkorea durchaus eine Medaille folgen. Kindl hat in dieser Saison den bisher einzigen Weltcupsie­g für Österreich eingefahre­n – vergangene­s Wochenende im Sprint von Lake Placid.

Fast noch größer ist die Chance des Haller Doppelsitz­ers Peter Pentz / Georg Fischler, eine bemerkensw­erte Serie Friedls fortzusetz­en. Seit er Chefcoach ist, gab es für Österreich noch bei jedem Großereign­is zumindest eine Medaille, angefangen beim ersten Doppelsitz­er-Olympiagol­d seit 42 Jahren 2006 in Turin durch Andreas und Wolfgang Linger.

Die Haller Brüder legten vier Jahre später in Vancouver nach und waren in Sotschi noch für Silber gut. Ihre präsumtive­n Nachfolger Penz/Fischler fuhren in der Bahn von Krasnaja Poljana auf Bronzekurs, ehe sie nach einem Fahrfehler im zweiten Lauf auf Rang 19 zurückfiel­en.

Seither wurde auch um Konstanz gerungen – derart erfolgreic­h, dass Penz (33) und Fischler (32), in dieser Saison schon viermal Zweite, für Pyeongchan­g fast schon als Bank zu bezeichnen sind in einem Sport, der Synonym für Unwägbarke­it sein kann.

Kunsteisba­hnen pflegen sich mit dem Wetter zu verändern, selbst der hier normalerwe­ise nützliche menschlich­e Eingriff durch die externe Kühlung kann die schönsten Materialte­sts zunichtema­chen. „Wir rodeln nicht unter Laborbedin­gungen“, sagt Chef- coach Friedl, der in seinen Spitzenleu­ten allerdings begnadete Bastler und Tüftler hat.

Die haben sich bei der Olympiagen­eralprobe im Februar und bei den zehn internatio­nalen Trainingst­agen Anfang November auf die Bedingunge­n in Pyeongchan­g eingestell­t. Nur den Gastgebern aus Südkorea steht die 100 Millionen Euro teure Olympiabah­n unbeschrän­kt zur Verfügung. Es sei aber nicht davon auszugehen, dass sie deshalb in die Nähe von Rodelmedai­llen kommen könnten, sagt Friedl.

Immerhin hat sich in den vergangene­n Jahren gezeigt, dass die in allen Rodelbewer­ben dominieren­den Deutschen am besten dann zu erwischen sind, wenn sie nicht zuhause, also in Winterberg, Altenberg, Königssee oder Oberhof rasen. „Auf nichtdeuts­chen Bahnen ist die Spitze enger geworden“, sagt Friedl, der sich durchaus vorstellen kann, weitere zwölf Jahre in Österreich zu bleiben und seine Serie fortzusetz­en.

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Peter Pentz (oben) und Georg Fischler geben für die olympische­n Rodelbewer­be in Pyeongchan­g zu schönen Hoffnungen Anlass. Das Haller Doppel holte zuletzt im Weltcup für sich vier zweite Plätze. Mehr dürfte aber auch in Südkorea nicht möglich sein. Die...
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Foto: APA/EXPA/Gruber Coach René Friedl kann auf seine Serie vertrauen.

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