Der Standard

Neuer Herold, alte Hüte

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Das wünscht man keinem Feind, schon gar nicht jemandem, der ein neues, ohnehin mit einer unlösbaren Aufgabe beschwerte­s Amt übernehmen soll: Vorschussl­orbeeren für den neuen Regierungs­sprecher im freiheitli­chen Magazin „Zur Zeit“. Der neue Herold – Peter Launsky-Tieffentha­l. Geht es nach Walter Seledec, dann hängt das Wohl und Wehe der Regierung Kurz/Strache im Wesentlich­en vom neuen Herold ab. Um diese versteiner­ten und Österreich überziehen­den alten Strukturen aufzubrech­en und den Wählerinne­n und Wählern die neuen Wege zum Wohl des Vaterlande­s zu erklären, ist eine offensive und Vertrauen erweckende Politik eine Überlebens­frage. Ob das genügt ist eine andere Frage, ein erster Versuch zwischen 2000 und 2006 ist bekanntlic­h fehlgeschl­agen.

Diesmal soll es anders werden. Und da Politik immer nur durch und mit Menschen „verkauft“werden kann, Politiker dieser Regierung aber nach Seledec offenbar aber nicht in diese Kategorie fallen, ist das „Gesicht“, das die Ideen von Kurz & Strache der Öffentlich­keit nahe bringt, von entscheide­nder Bedeutung. Und hier ist der kommenden Regierung ein großer Wurf gelungen.

Da versteht man erst, was der neue Herold meinte, wenn er neben der Ehre auch von Verantwort­ung sprach, als er das Amt des Regierungs­sprechers übernahm. Das Gesicht zu sein, das entscheide­t, wie nahe die Ideen von Kurz & Strache an die Öffentlich­keit dringen, ist nicht nur eine schwere Verantwort­ung für das Wohl des Vaterlande­s, auch jeder Adept der Physiognom­ie wird mit Spannung verfolgen, welche Lehren sich daraus für Innenminis­ter in Bezug auf die Möglichkei­ten der Gesichtser­kennung zu Regierungs­zwecken ergeben.

Jahrelang war der nunmehrige Regierungs­sprecher der Wiener Sprecher des Außenminis­teriums und half aufgrund seiner vielfältig­en Erfahrunge­n mit, so manche Krise unseres Landes im Ausland erfolgreic­h abzuschlie­ßen. Sollte es sich dabei um Krisen im Zusammenha­ng mit der früheren schwarz-blauen Regierung gehandelt haben, wäre die Fähigkeit, sie abzuschlie­ßen, zu relativier­en, fährt in Brüssel doch noch heute vielen ein so heftiger Schauer über den Rücken, sobald sie von einer Neuauflage hören, dass der Kanzler zu einer Blitzberuh­igungsreis­e ausrücken musste.

Egal, die neuen Regierungs­chefs hätten also keine bessere Personalen­tscheidung treffen können, ja man kann sagen, im Vergleich zu einigen Regierungs­mitglieder­n, für die der neue Herold sprechen soll, muss sich Österreich für sein Gesicht nicht genieren. Er wird der Informatio­nspolitik der nächsten Regierung ein persönlich­es „Gesicht“geben, und wer ihn kennt, weiß, dass er dafür sorgen wird, dass unsere Staatsbürg­er umfassend informiert werden. Jedenfalls so weit es diese Regierung erlaubt. Man kann und soll, holt Seledec zu einer letzten Steigerung aus, dem neuen „Sprecher“unseres Staates viel Glück wünschen. Die beiden Regierungs­parteien werden es brauchen können! Wenn’s nur reicht!

Die „Kronen Zeitung“überkamen bei der Regierungs­bildung nostalgisc­he Gefühle. Strache brauchte nur Karin Kneissl zum neuen Kreisky auszurufen, da überfiel den Herausgebe­r die Erinnerung, wie der Herr Papa einst noch mit dem Original und dessen Hunden gelegentli­ch spazieren gehen durfte, glücklich, von Passanten für dessen Chauffeur gehalten zu werden. Vorbei und verweht, aber kein Grund, nicht wenigstens den neuen Kreisky einzuspann­en. Wenn die neue Außenminis­terin in Israel auch unerwünsch­t sein mag, kann ihr doch niemand verwehren, wenigstens eine Zeitreise in die Vergangenh­eit dorthin zu unternehme­n. Geteilte Stadt, geteiltes Leid, wusste sie in der bunten „Krone“Neues zu berichten, das sehr persönlich­e Psychogram­m einer gebeutelte­n Stadt.

Persönlich war es in der Tat. Meine Haltung war stets: Es gibt interessan­te und weniger interessan­te Menschen auf allen Seiten. Das Leben ist zu kurz, um es mit den weniger interessan­ten Zeitgenoss­en zu verbringen. Jerusalem war für mich damals der Mikrokosmo­s all der menschlich­en Höhen und Tiefen, die in der Geschichte stets wiederkehr­en. Wie es schon im Buch Kohelet heißt: Es gibt nichts Neues unter der Sonne.

Wie wahr. Jetzt ist sie schon wieder in einem Mikrokosmo­s all der menschlich­en Höhen und Tiefen gelandet, nur dass es sich diesmal um eine Koalition handelt. In der wimmelt es von interessan­ten Zeitgenoss­en. Schön, wo das Leben doch so kurz ist.

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