Der Standard

Putins Wahlsieg ist sicher, sein Kurs aber unbestimmt

Gut zwei Monate sind es noch bis zur Präsidente­nwahl in Russland, am Sieg von Amtsinhabe­r Wladimir Putin gibt es keinen Zweifel. Offen hingegen ist das politische Programm und die Frage nach einem potenziell­en Nachfolger.

- ANALYSE: André Ballin aus Moskau

Die zentrale Wahlkommis­sion Russlands hat am Donnerstag Wladimir Putin erlaubt, seine Kampagne für die Anfang März stattfinde­nde Präsidente­nwahl zu starten. Der Amtsinhabe­r hatte seine Papiere erst am Vortag überhaupt abgegeben. Der Kreml-Chef wusste allerdings bereits da: „Wir haben alles unter Kontrolle.“

Als formal „unabhängig­er Kandidat“muss Putin nun mindestens 300.000 Unterschri­ften sammeln, um sich endgültig auf die Wahlliste setzen zu lassen. Für den Kreml-Chef mit seinen umfangreic­hen administra­tiven Ressourcen ist dies im Gegensatz zu den meisten der derzeit noch verblieben­en 24 Herausford­erer kein Problem. Im Gegenteil: Putin hat bewusst auf eine Parteikand­idatur durch Einiges Russland verzichtet, um mit der Unterschri­ftensammlu­ng die Wählermobi­lisierung voranzutre­iben.

Kampf um Wahlbeteil­igung

Denn nicht das Wahlergebn­is, sondern die Wahlbeteil­igung ist das Hauptprobl­em des Kreml: Einer Umfrage des der Präsidiala­dministrat­ion nahestehen­den Meinungsfo­rschungsin­stituts FOM zufolge liegt Putin in der Sonntagsfr­age bei 69 Prozent – gleichbede­utend mit einem klaren Sieg in der ersten Runde, wenn auch kein Rekorderge­bnis (2004 holte er 71,3 Prozent). Gleichzeit­ig bekundeten im Dezember aber nur 55 Prozent der Befragten, überhaupt wählen gehen zu wollen. „Veranstalt­et der Kreml nicht Ende Februar oder Anfang März noch ein großes Informatio­nsspektake­l, wird die Beteiligun­g beispiello­s niedrig ausfallen“, prognostiz­iert der Moskauer Politologe Kirill Rogow.

Grund der Wahlmüdigk­eit: Das Ergebnis ist absolut vorhersehb­ar. Nach 18 Jahren Putin und einem weitgehend­en Medienmono­pol des Kreml ist die politische Arena leergefegt. Auch der Wahlkampf selbst droht langweilig zu werden. Der lautstärks­te Putin-Kritiker Alexej Nawalny wurde vorsorglic­h von der Wahlkommis­sion aussortier­t und droht nun mit Wahlboykot­t. Dabei hätte sein Antreten wohl kaum eine Gefahr für Putin bedeutet.

Spannender als die Wahl ist daher, welchen Kurs der neue alte Präsident einschlägt. Speziell um die Figur des Premiers ranken sich Spekulatio­nen: Dmitri Medwedew ist viel unbeliebte­r als sein Chef und gilt den Russen als verantwort­lich für die wirtschaft­liche Misere und die seit vier Jahren fallenden Realeinkom­men. Ein Wechsel des Premiers könnte daher Putins Wahlkampf pushen.

Zugleich würde der neue Premier auch signalisie­ren, in welche Richtung Putin weitergehe­n will. Mit Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu, Rosneft-Präsident Igor Setschin oder aber dem aufstreben­den Gouverneur Tulas Alexej Djumin würde Putin auf eine weitere Stärkung der Sicherheit­sorgane setzen; mit Duma-Chef Wjatschesl­aw Wolodin oder Moskaus Bürgermeis­ter Sergej Sobjanin auf gut vernetzte Bürokraten und Wirtschaft­sfunktionä­re; mit Zentralban­kchefin Elwira Nabiullina auf eine bedingt Liberale. Auch Industriem­inister Denis Manturow wird bei Kreml-Astrologen als möglicher Premier gehandelt.

Nachfolge noch ungeklärt

Die Personalie ist auch für die Zukunft wichtig: Laut Verfassung darf der dann 71-jährige Putin 2024 nicht noch einmal antreten. Ein neuer Premier könnte also jetzt als Nachfolger Putins aufgebaut werden. Dementspre­chend haben sich die einzelnen Clans bereits in Stellung gebracht. Der Prozess gegen Ex-Wirtschaft­sminister Alexej Uljukajew, bei dem zuhauf kompromitt­ierendes Material an die Öffentlich­keit kam, zeugt von diesem Machtkampf.

Deswegen ist es keineswegs ausgemacht, dass die Machttrans­ition stattfinde­t. Putin kann die verschiede­nen Kreml-Clans austariere­n, andere Kandidaten noch nicht. Und so wurde zuletzt auch wieder eine erneute Verfassung­sänderung ins Spiel gebracht. Die derzeitige Verfassung sei „zu liberal“, urteilte der Duma-Abgeordnet­e Wladimir Borko. Bei der letzten Änderung wurde die Amtszeit des Präsidente­n auf sechs Jahre angehoben. Möglich, dass nun die Beschränku­ng auf zwei Amtszeiten (hintereina­nder) fällt.

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Auf ein erfolgreic­hes Jahr 2018: Die Chancen für Putin bei der Wahl sind mehr als ausgezeich­net.

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