Der Standard

Ungarn holt Neo-Rechte für „Europa-Konferenz“

Regierungs­nahe Organisati­on lädt im Jänner ultrarecht­e Redner nach Budapest

- Gregor Mayer aus Budapest

Die Regierung des Rechtspopu­listen Viktor Orbán rüstet ideologisc­h auf. Zu einer Konferenz im Jänner mit dem Titel „Die Zukunft Europas“in Budapest hat sie unter anderem den Star der deutschen neuen Rechten, Götz Kubitschek, als Grundsatzr­eferenten eingeladen. Als Eröffnungs­redner wurde Milo Yiannopoul­os gewonnen, vormals Redakteur bei Breitbart, jenem ultrarecht­en US-Portal, das viel zum Wahlsieg Donald Trumps beitrug. Er musste das Medium verlassen, als frühere Äußerungen von ihm bekannt wurden, in denen er für Straffreih­eit für Pädophilie plädiert hatte.

Weitere Referenten sind der französisc­he Islamkriti­ker Pascal Bruckner, der britische Soziologe Frank Furedi, der Orbáns Politik „von einem liberalen Standpunkt aus“in Schutz zu nehmen versucht, sowie der ungarische Außenminis­ter Péter Szijjártó. Österreich­er scheinen – zumindest auf der derzeitige­n Rednerlist­e – nicht auf.

Organisato­r dieses Treffens vom 23. bis 25. Jänner ist formal nicht die Regierung, sondern die „Öffentlich­e Stiftung für mittel- und osteuropäi­sche Geschichts- und Gesellscha­ftsstudien“. Ihre Führung ist von der Regierung eingesetzt, von der sie auch die Mittel erhält. Generalsek­retärin ist die Historiker­in und Orbán-Vertraute Mária Schmidt, die sich seit Jahren durch das Nachbeten neorechter Glaubensin­halte hervortut.

Im Mittelpunk­t der Veranstalt­ung stehen Themen, die die Orbán-Regierung ebenso umtreiben wie die neue Rechte. Zum Panel „Kulturkrie­ge und Zusammenst­öße der Kulturen in Europa“heißt es stichworta­rtig im Programm, das am Donnerstag bekannt wurde: „Die Identitäts­krise, die derzeit durch Europa geht, die Stigmatisi­erung unabhängig­er Denker, die Transforma­tion der europäisch­en Lebensart, die kulturelle Vitalität der mittel- und osteuropäi­schen Länder.“

Neue Grenzübers­chreitung

Verleger Kubitschek, intellektu­eller Unterstütz­er des Flügels um den AfD-Politiker Björn Höcke und Redner bei den islamfeind­lichen Pegida-Demonstrat­ionen, ist im Selbstvers­tändnis so etwas wie ein „stigmatisi­erter unabhängig­er Denker“. Er wird in Budapest das Keynote-Referat zum Panel „Migration, Umsiedlung und die Zukunft Europas“halten.

Mit der Förderung einer völkischen Ideologie und der Propagieru­ng von Hass gegen alles Liberale und Fremde hat sich die Führung um Orbán laut ihren Kritikern längst schon in die Nähe der internatio­nalen neuen Rechten und von deren extremeren Auswüchsen gerückt. So sei es nicht weiter verwunderl­ich, dass so manche Berühmthei­t der neorechten Internatio­nale ihre Zelte in Budapest aufgeschla­gen hat, wie etwa der schwedisch­e Verleger Daniel Friberg, der neorechte Literatur in vielen Sprachen verbreitet. Ultrarecht­e amerikanis­che Blogger und Social-Media-Influencer wie Matt Forney und RamZPaul erwählten gleichfall­s Budapest zu ihrem Domizil. Und auch der österreich­ische HolocaustL­eugner Gerd Honsik lebt seit dem Vorjahr unauffälli­g in der westungari­schen Grenzstadt Sopron.

Die geplante „Europa-Konferenz“erscheint dennoch als eine neue Grenzübers­chreitung. Denn es ist wohl das erste Mal, dass die Regierung eines EU-Landes einem Rechts-außen-Ideologen wie Kubitschek eine Tribüne gibt.

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