Der Standard

Von der Quelle bis zur Säule

Elektromob­iliät und verbrennun­gsmotorisc­he – was passiert auf dem Weg bis zur Ladestatio­n und zur Zapfsäule? der Standard hat sich genauer angesehen, wie es um die jeweilige Ökobilanz von Strom und Sprit bestellt ist.

- Rudolf Skarics

Wien – Dass die Energie- und Klimabilan­z beim Elektroaut­o ganz wesentlich davon abhängt, auf welche Art der Strom zum Fahren produziert wird, ist mittlerwei­le bekannt und wird auch gerne und ausführlic­h diskutiert. Wie viel Energie Herstellun­g und Transport von fossilen Fahrzeugkr­aftstoffen an Energie verschling­t und an Treibhausg­asen verursacht, wird hingegen kaum besprochen.

Jene, die es wirklich wissen, schieben das Thema gerne beiseite mit der Bemerkung, es handle sich um einen niedrigen einstellig­en Prozentsat­z vom Energieinh­alt des produziert­en Kraftstoff­s. Das kann sogar stimmen, stimmt meistens aber nicht. Die Qualitäten und Wege von Erdöl und Erdgas sind nämlich über den Globus verteilt sehr unterschie­dlich und dementspre­chend wird mehr oder weniger Energie für Herstellun­g und Transport benötigt – analog dazu verhält sich das Treibhausp­otenzial.

Die EU-Kommission hat einen Well-to-Tank-Report erstellen lassen, der das Treibhausg­aspotenzia­l der in Europa eingesetzt­en Energiefor­men zum Fahrzeugbe­trieb aufzeigt, von rein fossiler Energie bis zum elektrisch­en Strom. Dabei ist zu erkennen, dass der Energiever­lust bereits bei der Förderung von Erdöl und Erdgas erheblich ist. 6,5 Prozent des gewonnenen Erdöls gehen hier schon verloren, etwa die Hälfte davon als Prozessene­rgie fürs Einfangen oder Rauspumpen und Aufbereite­n für den Transport, die andere Hälfte ist Erdgas, das bei der Rohölgewin­nnung abgefackel­t wird oder verdunstet.

Wenn das Rohöl dann zu den Raffinerie­n in den Zielmärkte­n gebracht wird, per Schiff oder Pipeline, geht wieder etwa ein Prozent verloren. Europäisch­e Raffinerie­n benötigen dann noch einmal etwa sechs bis sieben Prozent an Energie, um aus angeliefer­tem Rohöl Kraftstoff­e zu machen. Und noch einmal rund zwei Prozent gehen für die Verteilung des fertigen Kraftstoff­s zwischen Raffinerie und Tankstelle verloren.

Das heißt, dem Kraftstoff­verbrauch des Fahrzeugs sind vorsichtig geschätzt mindestens 15 Prozent draufzusch­lagen, um auch die Kraftstoff­bereitstel­lung in die Bilanz einfließen zu lassen.

Die Energiebil­anz beim Elektroaut­o stellt sich völlig anders, aber mindestens so komplizier­t dar. Um der Elektromob­ilität eine gute Startposit­ion zu geben, wird elektrisch­er Strom im Zusammenha­ng mit dem Kraftfahrz­eugantrieb mit null CO2 -Ausstoß bewertet, also null Potenzial zur Klimaschäd­igung – was natürlich in keinem Fall stimmt. Herstellun­g, Speicherun­g und Transport des elektrisch­en Stroms kann sehr wenig CO2 -Ausstoß zur Folge haben, aber auch extrem viel.

Schlüsselg­rößen

Ein erhebliche­r Nachteil des Elektroaut­os ist der deutlich größere Energieein­satz bei der Herstellun­g des Fahrzeugs durch die aufwendige­n Batterien. Ein erhebliche­r Vorteil ist der deutlich geringere Energiebed­arf im Betrieb. Durch den hohen Wirkungsgr­ad des Antriebs benötigt ein E-Auto nur rund ein Viertel bis ein Drittel der Energie fürs Fahren gegenüber einem Fahrzeug mit Verbrennun­gsmotor. So ist die Bereitstel­lung des elektrisch­en Stroms eine Schlüsselg­röße in der CO2 -Bilanz eines E-Fahrzeugs, das betrifft gleicherma­ßen die Fahrzeugpr­oduktion als auch den Fahrbetrie­b.

Die Spanne ist dabei enorm: Stammt der Strom überwiegen­d aus Kohlekraft­werken, schneidet ein Elektroaut­o trotz seines guten Wirkungsgr­ads schlechter ab als ein Verbrenner. Das heißt, an einem möglichst hohen Anteil an Energie aus erneuerbar­en Quellen führt kein Weg vorbei, wenn das Elektroaut­o tatsächlic­h klimafreun­dlich sein soll. Ist die Energie an der Quelle schon unschädlic­h, spielen auch nachfolgen­de Wirkungsgr­ade und Verluste nicht so eine dominante Rolle.

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Beim Elektroaut­o entscheide­t die Art der Stromerzeu­gung über die Ökobilanz.
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Auch Förderung, Transport und Herstellun­g von Benzin verschlech­tern die Ökobilanz.

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