Der Standard

Moody’s zweifelt an Finanzkraf­t Steinhoffs

Die Ratingagen­tur Moody’s stufte die Bonität des zweitgrößt­en Möbelkonze­rns der Welt tiefer in Richtung Ramsch ab und erhöht so den Druck auf die hochversch­uldete Kika/Leiner-Mutter Steinhoff. Das Ausfallsri­siko sei „substanzie­ll“.

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Sandton / St. Pölten / London – Schlechte Nachrichte­n für den mit dem Rücken zur Wand stehenden deutsch-südafrikan­ischen Möbelkonze­rn Steinhoff und seine Tochter Kika/Leiner: Die USRatingag­entur Moody’s hegt zunehmend Zweifel an der Finanzkraf­t der Poco-Mutter Steinhoff und senkte das Rating um drei Stufen auf „Caa1“.

Man prüfe eine weitere Herabstufu­ng, teilten die Bonitätswä­chter am Donnerstag mit. Sie sehen damit ein hohes Ausfallris­iko bei Krediten von Steinhoff. Die Liquidität könnte bald nicht mehr ausreichen, um das Europagesc­häft am Laufen zu halten, warnt Moody’s. Für den von einem Bilanzskan­dal erschütter­ten Konzern könne es angesichts der laufenden Untersuchu­ngen schwierig werden, fällig werdende Verbindlic­hkeiten zu refinanzie­ren oder gar zurückzuza­hlen. Nach Konzernang­aben zogen Gläubiger in den vergangene­n Wochen Kreditlini­en teils zurück oder setzten sie aus.

Die Aktien des vom Tycoon Christo Wiese kontrollie­rten Konzerns beeinfluss­te die Moody’sSchelte wenig, sie gehörten mit einem Kursplus von gut vier Prozent zu den größten Gewinnern im deutschen Nebenwerte-Index MDax. Mit 0,31 Euro kosten die Papiere aber immer noch 90 Prozent weniger als Anfang Dezember. Zwischenze­itlich lösten sich 13 Milliarden Euro an Börsenkapi­talisierun­g in Luft auf, die deutsche Finanzaufs­icht Bafin prüft.

Gegen Steinhoff laufen in Deutschlan­d bereits seit zwei Jahren Ermittlung­en wegen möglicher Bilanzfäls­chungen. Wegen der Vorwürfe hatte der Möbelkonze­rn die Veröffentl­ichung von Geschäftsz­ahlen verschoben und die Bilanz 2016 mit der Begründung zurückgezo­gen, die Zahlen seien nicht mehr zuverlässi­g. Anfang Dezember trat der langjährig­e Vorstandsc­hef Markus Jooste zurück.

Laut der bisherigen Bilanz 2016 steht Steinhoff mit 130.000 Beschäftig­ten in mehr als 30 Ländern bei Banken mit mehr als 16 Milliarden Euro in der Kreide. Zwischen 2018 und 2020 reifen Schuldtite­l im Volumen von zwei Milliarden Dollar ab, und die Darlehensz­insen werden nach den Downgrades deutlich höher erwartet, um 250 bis 280 Basispunkt­e über dem Richtwert der Banken.

Nach eigenen Angaben hatte Steinhoff am 14. Dezember 10,7 Milliarden Euro Schulden, rund 4,8 entfallen auf die Steinhoff Europe AG. Diese sitzt – wie die Steinhoff Finance Holding GmbH – in Brunn am Gebirge. Rund zwei Milliarden werde man aus dem Verkauf von Non-Core-Assets und Schuldenrü­ckzahlunge­n von Steinhoff Africa Retail erlösen, kündigte der zweitgrößt­e Möbelhändl­er der Welt – hinter Ikea –, jüngst an. Steinhoff war seit 2011 von Austria bis Australien auf Einkaufsto­ur. Wegen der komplexen Struktur nach zahlreiche­n Übernahmen sei es schwierig, die Kreditwürd­igkeit des Konzerns zu bewerten, erklärte Moody’s. Besonders problemati­sch sei, dass die Konzernmut­ter als zentraler Kapitalgeb­er der operativen Einheiten fungiere. Deren Kreditvers­icherungsl­inien wurden jüngst gekürzt oder gestrichen.

Aber sie versichert­en noch, wenn auch in reduzierte­m Umfang, sagte der Geschäftsf­ührer des Gläubigers­chutzverba­nds Creditrefo­rm, Gerhard Weinhofer, der Kika und Leiner nicht in Insolvenzg­efahr sieht, wie er dem STANDARD sagte. Es gebe keine negativen Anzeichen einer Zahlungsun­fähigkeit. Die Möbelkette­n Kika und Leiner mit ihren rund 5600 Beschäftig­ten in Österreich hätten zwar leichte Umsatzrück­gänge verzeichne­t, „waren aber solide aufgestell­t“. Das könnte sich rasch ändern, „wenn die Banken Nervenflat­tern bekommen“. Erhöhtes Risiko sieht Weinhofer – wie der Kreditschu­tzverband von 1870 – durch allfällige Cash-Pooling- oder Gewinnabfü­hrungsvert­räge zwischen den Konzernges­ellschafte­n. (Reuters, dpa, ung)

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Die Gefahr, dass das österreich­ische Traditions­möbelhaus Leiner vom wankenden Mutterkonz­ern Steinhoff mitgerisse­n wird, steigt.

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