Der Standard

Geschichte mit Dekolletés

- Oliver Mark

Zack die Bohne, und die Kirsche landet nicht im Mund, sondern zwischen den Brüsten: ein Hingucker in Nahaufnahm­e! Nicht die exakte Wiedergabe historisch­er Ereignisse, sondern ausladende Dekolletés und kleine Frivolität­en sind der rote Faden im ersten Teil von Maria Theresia. Würde ein Historiker den Film sezieren, hätte er wahrschein­lich gut zu tun.

Aber das ist egal, denn Regisseur Robert Dornhelm inszeniert das bunte Leben der resoluten Monarchin (1717–1780) als jene Kost, die der ORF nach Weihnachte­n am liebsten serviert: gute Unterhaltu­ng für die Masse. Und das Gaudium zieht: Über eine Million sah am Mittwoch im Hauptabend Teil eins.

Der Charme der Produktion ist aber zugleich ihre Schwäche: Mit Tschechien, Ungarn, Slowakei und Österreich sind gleich vier Länder mit ihren öffentlich-rechtliche­n Sendern in- volviert. Historie macht schließlic­h nicht an Grenzen halt. Schon gar nicht an jenen der Habsburger. Um das in Szene zu setzen, braucht es vor allem eines: Geld. Ein Land allein scheitert an solcher Opulenz.

Gedreht wurde Maria Theresia in vier Staaten mit nationalen Schauspiel­ern. Dass dabei nicht allein die Crème de la Crème europäisch­er Schauspiel­kunst am Werk war, scheint klar. Jedes Land braucht seine eigenen Figuren, um das nationale Publikum vor den Fernseher zu locken.

So charmant es auch sein mag, in jeweiliger Landesspra­che zu drehen, so schwierig ist die anschließe­nde Synchronis­ation, um das Sprachenge­wirr zu bügeln – und das hört und sieht man. Und dennoch sind solche Projekte im vereinten Europa sinnvoll, um Nationalis­men zu reduzieren. Das nächste Mal bitte mit Polen an Bord. Stoff gibt es genug. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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