Der Standard

Dilemma all’italiana

- Gianluca Wallisch

Seit der Ausrufung der Republik 1946 hat Italien 64 Regierunge­n gesehen. Und im März wird wohl eine weitere dazukommen. So mancher meint, diese kurzen Lebensspan­nen seien der Beweis dafür, dass Italien gar keine Regierung brauche, um gut zu funktionie­ren. Immerhin gehöre das Land zur G7-Gruppe, und mit einem Bruttoinla­ndsprodukt von über 1,9 Billionen US-Dollar liege man im absoluten europäisch­en Spitzenfel­d, auch wenn man die Arbeitslos­igkeit nicht im Griff habe.

Warum sich also darum sorgen, wer Italiens nächste Regierung anführen wird? Warum nicht einmal jene Kräfte abstrafen, die jahrzehnte­lang bloß den Klientelis­mus befördert haben? Warum sich nicht endlich Luft machen und Beppe Grillos Brachialpr­otestler wählen? Oder dem greisen Silvio Berlusconi zum fünften Frühling verhelfen?

Nein, das wären Wege voller Unwägbarke­iten und Gefahren. Grillos laut Eigendefin­ition „postideolo­gische“Truppe ist bisher nicht gerade durch Kompetenz aufgefalle­n – abgesehen davon, dass sie zwar einen Koalitions­partner bräuchte, aber mit niemandem koalieren will. Und wer die Berlusconi-Allianz wählt, kauft die rechtsnati­onale Lega Nord gleich mit ein. Also doch ein Kreuzerl für Renzi? Der hat sich selbst nicht gerade ausgezeich­net und eine bombensich­ere Amtszeit durch ein ungeschick­tes Verfassung­sreferendu­m verbockt. Italien im Dilemma. Also doch eine Entscheidu­ng aus dem Bauchgefüh­l? Das ist zu befürchten.

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