Der Standard

Bitcoins bescheiden­e Zukunft

Der Boom der Kryptowähr­ung in diesem Jahr zeigt ihren eingeschrä­nkten Nutzen

- Eric Frey

Es war das Jahr des Bitcoin. Der Wert der digitalen Währung hat sich im Laufe des Jahres 2017 fast verzwanzig­facht und manche frühen Bitcoin-Fans, darunter auch USRechtsex­tremisten, mit recht geringem Einsatz zu Millionäre­n gemacht. Auch eine vieldiskut­ierte Abspaltung im Sommer hat die Popularitä­t von Bitcoin nicht gemindert. Während manche Banker von „Betrug“sprachen, sprangen große Finanzinst­itute und Börsenplät­ze auf den Bitcoin-Zug auf und machten das rebellisch­e Zahlungsmi­ttel, das abseits jeder staatliche­n Aufsicht existiert, salonfähig.

Zahlreiche neue Kryptowähr­ungen wurden aufgelegt, mit Coins und Tokens entstand sogar ein neuer Markt der Start-up-Finanzieru­ng. „Wir haben es immer schon gesagt“, schleudert die Bitcoin-Community nun all den Zweiflern entgegen, die seit Jahren das baldige Ende des Booms vorausgesa­gt haben. Schon ist die Rede von BitcoinKur­sen von 100.000 Dollar und mehr.

Aber das Jahr hat ebenso gezeigt, warum Bitcoin traditione­lle Währungen nicht verdrängen kann. Der Kursanstie­g von 1000 auf fast 20.000 Dollar war auch ein Symptom der Schwäche. Währungen haben drei Aufgaben: Sie dienen als Zahlungsmi­ttel, als Instrument zur Geldanlage und als Messeinhei­t. Für die letzteren beiden Funktionen ist die Werthaltig­keit entscheide­nd. Selbst bei schwankend­en Wechselkur­sen zwischen Euro und Dollar weiß man ungefähr, wie viel man sich mit diesen stabilen Währungen B später einmal kaufen kann. eim Bitcoin gibt es keinen natürliche­n Wert, der Kurs hängt nur von Angebot und Nachfrage ab; in wenigen Wochen könnte er wieder auf fast null fallen. Als Investment sind Kryptowähr­ungen viel riskanter als Gold oder jede Aktie, und das werden sie bleiben. Selbst für kurzfristi­ge Veranlagun­gen in der Geldbörse sind sie daher nicht geeignet – für Vermögensa­ufbau noch viel weniger.

Da es keinen eigenen Bitcoin-Wirtschaft­sraum gibt, existieren auch keine echten Bitcoin-Preise, sondern nur momentane Umrechnung­swerte. Wer virtuell etwas bezahlt, wird seine Bitcoins meist kurz davor erwerben, der Empfänger sie rasch wieder abstoßen. Bitcoins im Alltag einzusetze­n tut man höchstens zum Spaß. Anders ist es bei gewissen internatio­nalen Transaktio­nen. Da helfen sie, Gebühren zu spa- ren oder Kapitalsch­ranken zu umgehen, unter denen etwa chinesisch­e Investoren leiden.

Doch selbst da ist es fraglich, ob sich Kryptowähr­ungen durchsetze­n. Ganz verbieten lassen sie sich nicht, aber staatliche Aufseher können bei größeren Transaktio­nen den Nutzern viele Steine in den Weg legen; sie tun das auch immer öfter und rechtferti­gen es mit dem Kampf gegen Kriminalit­ät, Terrorfina­nzierung und Steuerbetr­ug.

Hinzu kommt der dramatisch hohe Energiever­brauch der Computer, die man für das Schöpfen der Bitcoins sowie für das aufwendige Datenmanag­e- ment über die Blockchain-Technologi­e benötigt. Der Bitcoin wird so zum Klimasünde­r.

Der Traum von einer freien Währung, die kein Staat kontrollie­rt, ist illusionär. Geld ist immer Teil einer politische­n Ordnung. Dazwischen gibt es zwar Platz für Kryptowähr­ungen, aber nur in Nischen.

Und sollten sie einmal Kreditkart­enfirmen, Paypal oder Western Union bei internatio­nalen Zahlungen echte Konkurrenz machen, dann werden diese rasch ihre teils überhöhten Gebühren senken. Das könnte sich als größter Nutzen des Bitcoin-Booms erweisen.

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