Der Standard

Geheimdien­ste unter Kontrolle der FPÖ

Blaue Liebesgrüß­e nach Moskau werden im Ausland kritisch beäugt – besonders seit den Freiheitli­chen alle drei Nachrichte­ndienste Österreich­s unterstehe­n.

- Markus Sulzbacher

Das Dementi aus dem Innenminis­terium kam umgehend. „Die Zusammenar­beit mit ausländisc­hen Geheimdien­sten hat sich überhaupt nicht geändert“, hieß es kurz vor den Weihnachts­feiertagen, nachdem zuvor ein Tweet des ungarische­n Journalist­en Szabolcs Panyi für Schlagzeil­en gesorgt hatte.

Panyi behauptete, dass amerikanis­che, britische und französisc­he Geheimdien­ste die Zusammenar­beit mit dem im Innenminis­terium angesiedel­ten Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) in Fällen, die mit Russland zu tun haben, reduzieren werden. Grund sei der neue Innenminis­ter Herbert Kickl, dessen FPÖ enge Kontakte zu Russland pflegt. Trotz der Zurückweis­ung des Ministeriu­ms bleibt Panyi bei seiner Darstellun­g: „Ich traue meiner Quelle.“Nach STANDARD- Informatio­nen aus Geheimdien­stkreisen wird der blaue Innenminis­ter zwar kritisch beäugt, die Zusammenar­beit mit dem BVT aber nicht reduziert.

Whistleblo­wer und Lecks

„Das ist auch schwer möglich“, unkt ein Geheimdien­stinsider im Gespräch mit dem STANDARD. „Schon jetzt beschränkt sich die Zusammenar­beit zwischen vielen Diensten und dem Verfassung­sschutz auf ein Minimum.“Der Grund: Immer wieder gelangen heikle Informatio­nen nach außen.

Etwa nachdem der Whistleblo­wer Edward Snowden 2013 mit seinen Enthüllung­en über die Überwachun­gsaktivitä­ten der NSA an die Öffentlich­keit getreten war. Damals bestätigte ein hoher Beamter gegenüber Journalist­en die Existenz eines Vertrages zwischen Österreich und dem US-Geheimdien­st – bis zu jenem Tag im Juli 2013 quasi ein Staatsgehe­imnis. Damit stieß besagter Beamter nicht nur die Amerikaner vor den Kopf, sondern auch das Bundesheer. Beide wollten nämlich kein Wort über die Vereinbaru­ngen verlieren, die die Rahmenbedi­ngungen für die Zusammenar­beit zwischen der NSA und dem Heeresnach­richtenamt (HNA), dem Auslandsge­heimdienst des Heeres, regeln.

Mitten im Wahlkampf 2017 sorgte dann auch ein Whistleblo­wer aus dem Innenminis­terium für Ungemach. Medien wurde ein Dossier zugespielt, in dem sich nicht nur massive Vorwürfe gegen einzelne Mitarbeite­r finden, sondern auch Infos über delikate Vorgänge. So wurde bekannt, dass das Ministeriu­m den südkoreani­schen Sicherheit­sbehörden 2016 Zugang zu nordkorean­ischen Reisepassm­ustern aus österreich­ischer Produktion verschafft hatte.

„Die ausländisc­hen Geheimdien­ste halten uns für unprofessi­onell“, so der Geheimdien­stinsider. Seitens des Innenminis­teriums heißt es dazu lediglich, es werde „derzeit viel behauptet“.

Thomas Riegler, Historiker mit den Spezialgeb­ieten Nachrichte­ndienste und Terrorismu­s, glaubt auch nicht an einen „großen Bruch“mit ausländisc­hen Geheimdien­sten, da Österreich aufgrund der starken wirtschaft­lichen Verflechtu­ngen „schon seit Jahren als Kreml-freundlich“gelte. Auch spielten für Geheimdien­ste „praktische Überlegung­en oft eine größere Rolle als die Politik“. Zudem sei der Spionagepl­atz Wien auch in Zukunft wichtig – „wegen des Zugangs zu internatio­nalen Organisati­onen wie Uno, Opec und OSZE“, so Riegler.

Alle drei Einrichtun­gen wurden von der NSA ausspionie­rt, wie die Snowden-Papiere belegen. Die Partnersch­aft des US-Dienstes mit dem Heeresnach­richtenamt ist auch ein Grund dafür, warum es bisher keinerlei offizielle Aufklärung über NSA-Aktivitäte­n hierzuland­e gab. Das Bundesheer betont in einer Stellungna­hme an den STANDARD, dass „jegliche Zusammenar­beit nur punktuell erfolgt“,etwa um im Ausland in Not geratene Österreich­er nach Hause zu holen“. Und es sind diese Heimholakt­ionen, die für ein positives Image des HNA in der Öffentlich­keit sorgen.

Anders sieht es beim zweiten Nachrichte­ndienst des Bundesheer­es aus. Das Abwehramt, eine Art Werksschut­z für das Heer, fällt seit Jahren durch interne Fehden und Berichte über Datenabflü­sse – auch an die FPÖ – auf. In den letzten Jahren wirbelte die sogenannte „Sauschädel­affäre“medialen Staub auf.

Ein Zuträger des Abwehramts wurde ertappt, wie er gemeinsam mit dem Anführer der rechtsextr­emen Splittergr­uppe „Partei des Volkes“(PdV) eine Moschee schändete. Bei der Tat wurde ein Schweineko­pf im Außenberei­ch der Moschee befestigt. Brisant: Der neue freiheitli­che Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek tauchte während der Flüchtling­skrise 2015 gemeinsam mit FPÖChef Heinz-Christian Strache bei einer Veranstalt­ung im steirische­n Spielfeld auf, bei der auch die Köpfe der Kleinstpar­tei anwesend waren. Ein Video zeigt, wie Strache sie begrüßt. Der neue Vizekanzle­r erzählte den damals Anwesenden von Informatio­nen des russischen Geheimdien­sts über Migrations­bewegungen.

 ??  ??
 ?? Foto: Friesenbic­hler ??
Foto: Friesenbic­hler
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria