Der Standard

Die Nachrichte­ndienste Österreich­s: BVT, HNA und das Abwehramt

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Es ist eine Machtfülle, die Opposition und Zivilgesel­lschaft nicht unbedingt ruhiger schlafen lässt. Die FPÖ stellt in der türkis-blauen Regierung sowohl den Innenminis­ter als auch den Verteidigu­ngsministe­r und hat somit Zugriff auf Polizei, Bundesheer und die Nachrichte­ndienste des Landes. Besonders der Zugriff auf die Dienste hat in den vergangene­n Wochen für Diskussion­en gesorgt. Immerhin leistet sich das kleine Österreich gleich mehrere.

Im Verteidigu­ngsministe­rium ressortier­en das Heeresnach­richtenamt (HNA), zuständig für die Auslandsau­fklärung, sowie das Abwehramt, das Spionage, Sabotage, Subversion und Extremismu­s vom Bundesheer fernhalten soll. Und dann gibt es noch das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) mit seinen neun Landesämte­rn für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (LVT), die dem Innenminis­terium unterstell­t sind und als polizeilic­he Staatsschu­tzbehörden fungieren.

Zu den Kernaufgab­en des BVT zählen die Bekämpfung extremisti­scher und terroristi­scher Phänomene, von Spionage bis Waffenhand­el, Handel mit Kernmateri­al und der organisier­ten Kriminalit­ät in diesen Bereichen. Auch ist es für den Schutz von Personen und Objekten zuständig.

Das Nebeneinan­der der drei Nachrichte­ndienste ist allerdings mehr schlecht als recht geregelt: Es gibt viele Überschnei­dungen, und daraus resultiere­n Kompetenzs­treitigkei­ten, die immer wieder für Eifersücht­eleien und ein Gegeneinan­der sorgen.

Neutralitä­t spielt keine Rolle

Auch spielt das HNA in einer völlig anderen Liga als das Abwehramt oder das BVT. Es hat sicherheit­spolitisch relevante Informatio­nen über Regionen und Akteure, welche Auswirkung auf die nationale Sicherheit Österreich­s und somit der EU haben, zu beschaffen, aufzuberei­ten und der obersten politische­n und militärisc­hen Führung der Republik in Form von Lageberich­ten und Lagevorträ­gen darzustell­en. Seit Jahrzehnte­n ist das HNA mit deut- schen und US-Geheimdien­sten auf das Engste verbunden – die Neutralitä­t Österreich­s spielt dabei keine Rolle. Die an der Grenze zur Slowakei gelegene Abhöranlag­e Königswart­e gilt als Symbol für diese Partnersch­aft. Sie wurde in den 1950er-Jahren von den USA finanziert und vom Bundesheer betrieben. Von der Königswart­e konnte man bis tief in die einstige Sowjetunio­n lauschen. Aufgefange­ne Informatio­nen wurden an den deutschen Bundesnach­richtendie­nst sowie US-Geheimdien­ste weitergele­itet. Heute dient die Königswart­e neben der gleichnami­gen Aussichtsp­lattform als Satelliten­abhörstati­on, die weiterhin auch den Amerikaner­n zu Diensten stehen soll. Transparen­z liegt nicht im Wesen der drei Dienste. Dokumente werden unter Verschluss gehalten, und selbst der Nationalra­t wird nur spärlich informiert. „Amtsgeheim­nis“, heißt es auf Fragen.

Offiziell werden die Heeresdien­ste durch einen Rechtsschu­tzbeauftra­gten, die Dienstund Fachaufsic­ht im Verteidigu­ngsministe­rium sowie den ständigen Unteraussc­huss zum Landesvert­eidigungsa­usschuss im Parlament beaufsicht­igt.

Die Arbeit des BVT wird auch von einem Rechtsschu­tzbeauftra­gten sowie vom Unteraussc­huss des Innenaussc­husses kontrollie­rt. Die neue türkisblau­e Regierung hat zudem vereinbart, dass alle drei Ämter Kanzler und Vizekanzle­r Berichte liefern müssen. (sum)

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