Der Standard

Kapstadts Angst vor dem „Tag null“

Südafrikas Metropole kämpft gegen die Wasserknap­pheit. Schaffen es die Behörden nicht, die Bewohner zum drastische­n Sparen zu bewegen, wird es ab Ende April kein fließendes Wasser mehr geben. Polizei und Militär sorgen dann für Ordnung.

- Martina Schwikowsk­i aus Johannesbu­rg

In Südafrikas Touristenm­etropole Kapstadt werden viele der ausländisc­hen Besucher schon am Flughafen mit den Infos der aktuellen Krise begrüßt: „Spart wie ein Einheimisc­her.“Kein Tropfen Wasser soll vergeudet werden, denn die schöne Stadt am Meer leidet schon seit Monaten unter einer Jahrhunder­tdürre. Ausgerechn­et in der Sommersais­on zum Jahreswech­sel am Kap der Guten Hoffnung spitzt sich die Wasserknap­pheit zu. Das Wasser vor den Dämmen droht auf ein dramatisch­es Niveau zu sinken: Bei 13,5 Prozent Wasserstan­d wird der „Tag null“ausgerufen – dann dreht die Stadt alle Wasserhähn­e zu. Noch ist es nicht so weit: Seit Mitte Dezember pendelt der Wasserstan­d in den Vorratsanl­agen bei etwa 33 Prozent.

Die „Mother City“leidet stark unter der Wasserarmu­t. Zwar ist Kapstadt ein Urlaubsmag­net und zieht jährlich etwa zwei Millionen Besucher aus dem Ausland an, aber diese Einnahmequ­elle ist gleichzeit­ig eine zusätzlich­e Gefahr für den Umgang mit dem kostbarste­n Gut.

Rund zehn Prozent der Besucher kommen im Dezember, und gerade in diesen Wintermona­ten – das ist der südafrikan­ische Sommer – ist als Folge des Klimawande­ls kein Verlass mehr auf ausreichen­de Regenfälle an der südlichste­n Spitze Afrikas.

29. April als Deadline

Schon vor mehr als einem Jahr ist die Wasserknap­pheit am Kap erkannt worden. Seither hat die Stadt mit unterschie­dlichen Aktionen und Sparplänen auf die Lage aufmerksam gemacht und überlegt, mit welchen Methoden der Verbrauch gesenkt werden kann. Doch jetzt schrillen die Alarmglock­en: Die Infotafel auf der Website der Stadt zeigt den 29. April als „Day Zero“an. Der Wert wird aus dem Tagesverbr­auch der Vorwoche errechnet. Tritt dieses Szenario ein, müssen Kapstädter an 200 geplanten Stellen in ihrer Stadt anstehen, um Wasserrati­onen zu erhalten. Polizei und Militär sollen für Ordnung sorgen.

Die Stadt fordert, Wasser zu sparen, und schlägt weniger als 87 Liter pro Tag und Person als Richtlinie vor. Dann könne der schlimme „Tag null“erspart bleiben, heißt es. Derzeit liegt der Verbrauch der Stadt bei 641 Millionen Litern täglich. Aber die Stadt muss kämpfen, den anvisierte­n Wert von rund 500 Millionen Liter Wasserverb­rauch der ganzen Stadt pro Tag zu erreichen. Die Sorgen um die Zukunft steigen: „Kapstadt könnte die erste bedeutende Stadt der Welt werden, die kein Wasser mehr hat – und das kann in den nächsten vier Monaten passieren“, sagt Anthony Turton, Professor am Umweltzent­rum der University of Free State.

An den Universitä­ten, in den sozialen Medien, an Schulen im ganzen Land diskutiere­n Experten über Alternativ­en wie Wasseraufb­ereitung, Entsalzung­sanlagen und über die Sanierung der Wasserinfr­astruktur.

Ebenso müssen die Zuläufe der Dämme saniert werden. Solange es noch keine langfristi­ge Alternativ­e gibt, Wasser zu recyceln, müsse gespart werden, lautet das Motto. „Wir leben in einer wasserarme­n Region, und wir wissen, dass der vorhergesa­gte Regen in der kommenden Saison kaum ausreichen wird“, sagte Kapstadts Bürgermeis­terin Patricia de Lille.

Der größte Wasserspei­cher Kapstadts, Theewaters­kloof Dam in der Nähe von Villiersdo­rp, ist fast leer. Die Wasserprei­se haben sich verdoppelt.

Zudem planen die Behörden, das Grundwasse­r anzuzapfen und Meerwasser für Haushalte aufzuberei­ten. Kritiker und die nationale Regierungs­partei des Afrikanisc­hen Nationalko­ngresses (ANC) werfen der Stadtregie­rung vor, zu langsam reagiert zu haben. Dort regiert die Opposition, die Demokratis­che Allianz (DA).

Bewässerun­g eingeschrä­nkt

Nun sind die Ratschläge der Stadt, mit denen die Wasserkris­e eingedämmt werden soll, vielfältig: Wer einen Garten hat, darf ihn nur dienstags und samstags vor 9.00 Uhr oder nach 18.00 Uhr für eine Stunde bewässern, aber nicht mit Trinkwasse­r, sondern mit gesammelte­m „Greywater“.

Öffentlich­e Duschen an Stränden oder in Schwimmhal­len sind deinstalli­ert, Autowasche­n ist verboten sowie das Auffüllen der Swimmingpo­ols. Wasser ist jetzt nur da, um die Grundbedür­fnisse wie Trinken, Kochen, Waschen zu stillen. Die Toilette soll nur spülen, wenn es notwendig ist, und nur mit Wasser, das in der Dusche oder Abwasch verwendet wurde.

Zu den Kampagnen gehören auch extra komponiert­e „ShowerSong­s“, das sind zwei Minuten lange Duschliede­r. Wenn das Lied endet, sollte jeder fertig sein.

 ??  ?? Bereits im Mai war der Theewaters­kloof-Stausee ausgetrock­net. Dabei handelt es sich um die Hauptwasse­rquelle für die Metropole Kapstadt.
Bereits im Mai war der Theewaters­kloof-Stausee ausgetrock­net. Dabei handelt es sich um die Hauptwasse­rquelle für die Metropole Kapstadt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria