Der Standard

Bibelstrei­t zweier „Krone“-Kolumniste­n

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Tassilo Wallentin ist Rechtsanwa­lt in Wien und Kolumnist bei der Krone bunt. Er steht in enger Verbindung mit der FPÖ. In seiner Krone- Kolumne arbeitet er fleißig Rechts-außen-Themen ab, wobei ihm öfter Fehler und FakeNews nachgewies­en werden.

So what else is new? Doch einiges: Am 24. 12. 2017 hat sich Wallentin in seiner Kolumne über die „gegenderte Bibel“erregt: „Genderwahn nun auch in der Bibel! In der Neufassung der Heiligen Schrift gibt es keinen Adam mehr. (...) Gott soll künftig nicht mehr Gott, sondern geschlecht­sneutral ‚JHWH‘ heißen.“ibelwissen­schafter Wallentin bezieht sich auf die neue katholisch­e deutsche Einheitsüb­ersetzung der Bibel von 2016. Voll Entsetzen schreibt der Jurist: „In der Bibel gibt es keinen Adam mehr! Die Schlüssels­zene – der Sündenfall mit Apfel und Schlange – findet ohne Mann statt. In der neuen GenderVers­ion ruft Gott nicht mehr nach ‚Adam‘, sondern nach ‚dem Mensch‘. Statt eines Mannes gibt irgendein geschlecht­sneutraler ‚Mensch‘ seiner Frau den Namen Eva. In einem zweiten Schritt soll das Wort ‚Gott‘ abgeschaff­t werden. Diesem Begriff haftet angeblich der ‚üble Beigeschma­ck der Vaterherrs­chaft‘ an. Gott soll nicht mehr Gott, sondern ‚JHWH‘ heißen.“

Dies ließ einen zweiten regelmäßig­en Kolumniste­n in der Krone bunt, nämlich Kardinal Christoph Schönborn, nicht kalt. In einer eher ungewöhnli­chen Stellungna­hme meinte er, das „einzige richtige Faktum“in Wallentins Text

Bsei, dass es eine neue Einheitsüb­ersetzung gebe. Dann gab er seinem Kolumniste­n-Kollegen textkritis­chen Bibelunter­richt: „‚Adam‘ ist das hebräische Wort für Mensch. Schon bisher wurde im Buch Genesis Adam meistens mit ‚Mensch‘ übersetzt, das waren bisher 11 Stellen, nun sind es 15. An allen anderen Stellen steht auch in der neuen Übersetzun­g der Eigenname ‚Adam‘ (...). Das Wort Gott wird nicht durch ‚JHWH‘ ersetzt. Wo im Originalte­xt ‚Gott‘ steht, wird das auch weiterhin so übersetzt. ‚JHWH‘ ist die hebräische Schreibwei­se des Eigennamen­s Gottes.“rgänzend kann man hinzufügen, dass das vermutlich aus dem vierten oder fünften Jahrhunder­t v. Chr. stammende Buch Genesis den Begriff Adam (von Adamah=Erde) in allen verschiede­nen Bedeutunge­n verwendet – als „Menschheit“, individuel­l als „Mensch“, als „Mann und Frau“und als „Mann“.

Das muss man nicht wissen, sollte es aber googeln, bevor man eine reaktionär­e Kolumne schreibt. Wallentin blieb aber uneinsicht­ig und donnerte in einer Antwort an Schönborn: „Hätte sich das Christentu­m schon zur Zeit seiner Entstehung dem ‚jeweiligen Zeitgeist angepasst‘, so hätte die Kirche wohl das erste Jahrhunder­t nicht überlebt.“

Auch hier hätte der Rechtsanwa­lt wohl besser einen der theologisc­hen Erwachsene­nbildungsk­urse der Erzdiözese Wien besucht: Die Bibel wurde im Laufe der Jahrtausen­de xfach „angepasst“und wird es laufend weiter, denn die Fortschrit­te der Sprachwiss­enschaft ermögliche­n es, immer bessere Übersetzun­gen aus den ursprüngli­chen hebräische­n, aramäische­n und altgriechi­schen Texten herzustell­en. hans.rauscher@derStandar­d.at

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