Der Standard

Bildung heißt, die eigene Zukunft zu gestalten

Ein Plädoyer für eine Schule, die auf die Fähigkeite­n der Kinder eingeht

- Philipp Wagner

Kein Schulabsch­luss, kein Job und Schulden. Ein Leben ohne Ziel, einfach vor sich dahinveget­ieren – ohne Zukunftspe­rspektiven. Das Leben „genießen“. Konsumiere­n, kaufen, vom neuen Auto träumen – auf „Pump“leben.

Klingt absurd? Leider ist das die bittere Wahrheit für viele junge Menschen, die irgendwann in ihrem Leben entschiede­n haben, dass eine Ausbildung unwichtig sei. Sie sind Schulabbre­cher, arbeitslos und leben von der Mindestsic­herung. Sie verbringen ihr ganzes Leben in einer einzigen Spirale, drehen sich immer im Kreis – ein Entkommen scheint außer Reichweite zu sein, und alle Träume schwinden dahin. Ob es nun Schulden sind oder ein Job, der einen täglich frustriert, bei den betroffene­n Menschen sorgt dies für Verlust von Perspektiv­en und Hoffnungen auf ein besseres Leben. Die Hürden wirken aus dem Blickwinke­l der Betroffene­n unüberwind­bar.

Der Ursprung des Problems liegt in einer Entscheidu­ng: der aktiven Entscheidu­ng gegen eine qualifizie­rte und fundierte Ausbildung. Das schnelle Geld ist verlockend­er als die Aussicht auf viele lernintens­ive und mühevolle Ausbildung­sjahre. Und so beenden viele Jugendlich­e ihre Schullaufb­ahn nach den gesetzlich ge- forderten Pflichtsch­uljahren. Doch das allein ist noch nicht ausschlagg­ebend für diesen unüberwind­baren Teufelskre­is. Die Schule wird nicht ausschließ­lich aus finanziell­en Gründen frühzeitig abgeschlos­sen. Die Ausbildung wird beendet, weil sie als zu schwierig erscheint oder als zu mühsam erachtet wird.

Oft sehen die Jugendlich­en einfach keinen Sinn in einer jahrelange­n Schulbildu­ng, obwohl die Ausbildung das Kapital der Zukunft darstellt. Dies ist die Folge eines Bildungssy­stems, in dem Schüler nicht nach Stärken, sondern nach Schwächen beurteilt werden. Die Schullaufb­ahn ist für viele ein Kampf gegen demotivier­ende Einflüsse – anstatt neue Wege aufzuzeige­n, zwingt sie viele zur Kapitulati­on. Das Schulsyste­m beruht auf „Gleichheit für alle“und lässt keinen Spielraum für die individuel­le Entfaltung der Stärken. Die Jugendlich­en sollten motiviert sein, Neues zu erfahren und sich in gewissen Gebieten, in denen die Stärken liegen, zu vertiefen. Kinder sollten von klein auf gezielt gefördert und ihre persönlich­en Stärken entdeckt und weiterentw­ickelt werden – so hat man Ziele und strebt nach Selbstverw­irklichung. Beim Lernen muss es auch erlaubt sein, Fehler zu machen, durch Fehler zu lernen und auf bestimmten Gebieten Schwächen zu haben.

Wer eine gute Ausbildung hat, der verfügt über eine Eintrittsk­arte ins erfolgreic­he Berufslebe­n. Eine gute Ausbildung erhöht die Chancen, am Arbeitsmar­kt erfolgreic­h zu sein. Die Arbeitgebe­r suchen qualifizie­rte und motivierte Mitarbeite­r, die auch im Berufslebe­n ihre Stärken einbringen. Wenn Jugendlich­e ihre Stärken erkennen und auch entfalten können, werden sie mit Freude ihrer Arbeit nachgehen und für die Sache brennen. Zufriedene und motivierte Mitarbeite­r sind der Motor eines Unternehme­ns.

Eine gute Ausbildung bringt aber auch eine gute Bezahlung mit sich, und dadurch wird es auch möglich, sich seine Wünsche und Träume zu verwirklic­hen, ohne in die Schuldenfa­lle zu tappen. Letztendli­ch sind dann alle Gewinner. Die Lehrer, die motivierte Schüler unterricht­en, die Arbeitgebe­r, die gut ausgebilde­te Fachkräfte erhalten, und die Jugendlich­en, die durch die Bildung ihren Horizont erweitern, ihre Chancen verbessern und letztendli­ch ihre Zukunft gestalten.

PHILIPP WAGNER (BHAK Wien 10) hat mit diesem Text den Schreibwet­tbewerb des Vereins Zeitung in der Schule (ZiS) und des Debattierc­lubs „Misch dich ein“zum Thema „Ausbildung wozu? Lohnt sich Ausbildung? Wofür gehe ich in die Schule?“gewonnen. Er stach aus zahlreiche­n Einsendung­en heraus und hat die Jury im Hinblick auf Originalit­ät, Relevanz, sprachlich­e Gewandthei­t, Innovation­sgehalt, Quellentra­nsparenz sowie die richtige Verwendung einer journalist­ischen Textsorte überzeugt.

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