Der Standard

Nicht nur eine Abrechnung

- Günther Oswald

Für Kathrin Stainer-Hämmerle ist der Befund klar: Die Einstellun­g des Beschäftig­ungsbonus und der Aktion 20.000 für Langzeitar­beitslose sei eine „Abrechnung“mit SPÖ-Chef Christian Kern, sagte die Politologi­n auf Ö1. Keine Frage: Man soll die psychologi­sche Komponente in der Politik nie unterschät­zen. Es gibt nicht wenige in der ÖVP, die die Sozialdemo­kratie aus tiefstem Herzen verachten, um nicht zu sagen: hassen.

Ganz so einfach ist es aber nicht. Es gibt durchaus auch sachliche Gründe, diese zwei Programme, die ursprüngli­ch keineswegs nur rote Prestigepr­ojekte waren (Reinhold Mitterlehn­er war ein entschiede­ner Befürworte­r des Jobbonus), zu hinterfrag­en. Der Bonus, bei dem es sich um einen Zuschuss in der Höhe von 50 Prozent der Lohnnebenk­osten für neugeschaf­fene Arbeitsplä­tze handelt, war eine schwere Geburt. Es hat ewig gedauert, bis alle Details und Förderkrit­erien zwischen SPÖ und ÖVP außer Streit gestellt werden konnten. So lange, bis der Hauptzweck der Förderung, die Stimulieru­ng der Wirtschaft, kein großes Thema mehr war, weil sich Österreich mittlerwei­le in einer Hochkonjun­kturphase befand.

Zudem gibt es noch immer rechtliche Unsicherhe­iten. Weil man Zuwanderer möglichst nicht fördern wollte, wurde eine Konstrukti­on gewählt, die noch immer nicht den Segen der EU-Kommission hat. Es gibt also gute Gründe, den Beschäftig­ungsbonus einzustell­en. Wenn man schon entlasten will, wäre eine generelle Senkung der Lohnnebenk­osten für alle Unternehme­n der fairere, allerdings auch teurere Weg. Eine spezielle Förderung für jene Unternehme­n, die ohnehin wachsen, ist nicht zwingend nötig. iffiziler ist die Lage im Fall des Projekts Aktion 20.000, mit dem Langzeitar­beitslose bei Gemeinden und gemeindena­hen Betrieben, aber auch in der Privatwirt­schaft eingestell­t werden sollen. Die betreffend­e Gruppe hat es am Arbeitsmar­kt am schwierigs­ten. Selbst in Zeiten guter Konjunktur werden viele von ihnen keinen Job finden. Allerdings wurde auch hier eine Konstrukti­on gewählt, die man hinterfrag­en kann. Die Gemeinden sind aufgeforde­rt, neue Jobs zu kreieren. Das mag in bestimmten Bereichen sinnvoll sein, wird aber sicher auch dazu genutzt, um die Finanzieru­ng von Jobs, die man ohnehin hätte schaffen müssen, dem Bund umzuhängen. Das Problem, dass die eine Stelle Geld ausgibt und die andere die Finanzieru­ng aufstellen muss, haben wir im föderalen Österreich aber schon zu oft.

Jetzt beide Maßnahmen zu beenden hilft dem Finanzmini­ster, seine Budgetziel­e zu erreichen. Allein beim Jobbonus erspart er sich in den kommenden Jahren rund eine Milliarde Euro. Eine Kritik muss sich Türkis-Blau allerdings gefallen lassen: Wir wissen nun, wie die Förderung von Langzeitar­beitslosen nicht mehr aussehen wird, aber nicht, mit welchen Maßnahmen ihnen stattdesse­n geholfen werden soll. Dieses Themas sollte man sich rasch annehmen. Denn eines ist klar: Alle Probleme am Arbeitsmar­kt wird auch die beste Konjunktur der Welt nicht lösen können.

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