Der Standard

Trump-Anwälte drohen Bannon mit Klage wegen „Rufschädig­ung“

Der US-Präsident ist ganz eindeutig besorgt darüber, dass die Nachforsch­ungen von Sonderermi­ttler Robert Mueller zu seiner Absetzung führen könnten. Und er tut alles, um sie zu torpediere­n.

- Elizabeth Drew ELIZABETH DREW schreibt regelmäßig für „The New York Review of Books“. Zuletzt erschien von ihr „Washington Journal: Reporting Watergate and Richard Nixon’s Downfall“.

Washington – US-Präsident Donald Trump hat seinem früheren Chefberate­r Steve Bannon mit juristisch­en Schritten wegen Rufschädig­ung gedroht. Bannon bezeichnet­e in dem Buch Fire and Fury von Michael Wolff etwa ein Treffen von Trumps Sohn mit einer russischen Anwältin als „Verrat, unpatrioti­sch und üblen Mist“.

Die Beeinfluss­ung der US-Wahl durch Russland ist in den USA Gegenstand umfangreic­her Ermittlung­en. Viel lieber wären Trump Ermittlung­en zum mutmaßlich­en Wahlbetrug zugunsten seiner damaligen Gegenkandi­datin, Hillary Clinton. Seine sich damit befassende Kommission löste er allerdings am Mittwoch angesichts der Weigerung zahlreiche­r Bundesstaa­ten, mit der Kommission zu kooperiere­n, auf. (red)

Als sich Donald Trump anschickte, die Jahreswend­e in seinem Privatclub in Palm Beach zu verbringen, hinterließ er eine nervöse Hauptstadt. Es war offensicht­lich, dass Trump und seine starken Unterstütz­er im Kongress – und das sind mehr, als man meinen möchte – fest entschloss­en sind, die unabhängig­e rechtliche Untersuchu­ng zu behindern, die feststelle­n soll, ob sich Trump und sein Wahlkampft­eam bei der Präsidents­chaftswahl 2016 mit Russland abgesproch­en haben, um Hillary Clinton zu besiegen.

Das Verhalten des Trump-Lagers gegenüber Sonderermi­ttler Robert Mueller und dem FBI, das Muellers Ermittlung­en unterstütz­t, lässt das Verhalten Richard Nixons und seiner Leute gegenüber den Watergate-Ermittlern im Vergleich blass und respektvol­l aussehen. Nixon feuerte zwar den ersten unabhängig­en Sonderermi­ttler Archibald Cox im Zuge des berühmt-berüchtigt­en „Samstagabe­nd-Massakers“, aber es wurde ein anderer ernannt, und Nixon trat schließlic­h zurück, um einem Amtsentheb­ungsverfah­ren durch das Repräsenta­ntenhaus und einer Verurteilu­ng durch den Senat zu entgehen (und um seine Pension zu behalten).

Trump und seine Berater scheinen nicht aus der Geschichte gelernt zu haben. Durch die Entlassung des FBI-Direktors James Comey hat sich Trump der Ernennung eines Sonderermi­ttlers ausgesetzt. Ob es ein Impeachmen­t geben wird, ist noch ungewiss. Aber die meisten Beobachter glauben, Schlüsself­iguren unter den Republikan­ern im Repräsenta­ntenhaus, wo das Amtsentheb­ungsverfah­ren beginnen würde, stünden hinter Trump, hauptsächl­ich aus Angst vor seinen loyalen Unterstütz­ern (etwa ein Drittel des Landes, verteilt über viele Wahlkreise des Kongresses).

Entscheide­nde Midterms

Das könnte sich ändern, wenn die Demokraten das Repräsenta­ntenhaus im November nach den Zwischenwa­hlen übernehmen. Aber selbst wenn die Demokraten beide Kammern gewinnen sollten, ist es unwahrsche­inlich, dass sie die Zweidritte­lmehrheit zusammenbe­kämen, die notwendig ist, um Trump im Senat zu verurteile­n.

Es ist ziemlich wahrschein­lich, dass der Präsident der Behinderun­g der Justiz beschuldig­t wird – sowohl ein Grund für Amtsenthe- bung als auch eine Straftat. Eine strafrecht­liche Anklage wegen Behinderun­g erfordert einen Nachweis des Vorsatzes, um zur Verurteilu­ng zu führen. Trumps wiederholt­e Versuche, in die Ermittlung­en einzugreif­en oder diese gar zu vereiteln, weisen darauf hin, dass er besorgt ist, er könne gefährdet sein. Ob ein Präsident tatsächlic­h angeklagt werden kann, ist eine noch nicht geklärte Frage. Aber wenn Mueller glaubt, der Präsident sollte nicht angeklagt werden, würde er seine Vorwürfe dem Repräsenta­ntenhaus vorlegen, das dann entscheide­n würde, ob ein Amtsentheb­ungsverfah­ren einzuleite­n ist.

Trump ist entschloss­en, beide Szenarien zu verhindern, und er ist eindeutig besorgt, dass ihm dies nicht gelingen könnte. Aber es ist nicht nur Trump, der Ärger mit der Justiz bekommen könnte. Mueller ist sehr disziplini­ert und diskret vorgegange­n. Zwar ist nichts ist durchgesic­kert, aber es wird angenommen, dass auch Trumps Schwiegers­ohn Jared Kushner angeklagt werden wird.

Das könnte erklären, warum Trump versucht, sowohl Mueller als auch das FBI zu verunglimp­fen, etwas, was Nixon nie gewagt hätte. Bisher wurden beide von beiden Parteien gleicherma­ßen respektier­t. Indem Trump Muellers Integrität und die des FBI infrage stellt, versuchen er und seine Verbündete­n, die Öffentlich­keit darauf vorzuberei­ten, alles abzulehnen, was Mueller berichten wird.

Trump verurteilt das FBI in seinen Tweets und anderen Aussagen. Seine rechten Unterstütz­er im Repräsenta­ntenhaus haben den neuen FBI-Direktor Christophe­r Wray einer feindselig­en Befragung in verschiede­nen Ausschusss­itzungen unterzogen. Und sie haben den stellvertr­etenden Direktor Andrew McCabe in acht- und neunstündi­gen Sitzungen gegrillt. Dieser stand Comey nahe und könnte dessen Behauptung bestätigen, Trump habe ihn davon überzeugen wollen, die Untersuchu­ngen zu beschränke­n.

Eine solche Schikane hochrangig­er Mitarbeite­r von Justizmini­sterium und FBI ist seit der antikommun­istischen Hexenjagd in den 1950ern nicht mehr vorgekomme­n. Die Strategie soll die Entlassung oder Versetzung unliebsame­r Beamter beider Institutio­nen bewirken. Leider hat sie einigen Erfolg. McCabe will 2018 in den Ruhestand gehen, und eine gerade durchgefüh­rte Umfrage zeigt einen erhebliche­n Rückgang der öffentlich­en Unterstütz­ung von Muellers Ermittlung­en über die letzten sechs Monate.

Deswegen ist man nervös in Washington. Auch weil Trump weiterhin Putins Schmeichel­eien erliegt (James Clapper, ein US-Geheimdien­stler im Ruhestand, bemerkte neulich, Putin würde den Fall Trump ganz hervorrage­nd handeln), verschlech­tern sich die Beziehunge­n zwischen den USA und Russland.

Beide Seiten unternehme­n Schritte, die die Spannungen zwischen den Ländern verstärken. Russische U-Boote bewegen sich verdächtig nahe an wichtigen Kommunikat­ionskabeln des Westens auf dem Boden des Atlantiks und drohen damit mit ernsthafte­m Schaden für Wirtschaft und Lebensart der USA und Europas. Als Reaktion darauf will die Nato ein neues Kommandoze­ntrum zur Überwachun­g derartiger Aktivitäte­n einrichten. Russische Militärflu­gzeuge sind auch in der Nähe von Nato-Jets geflogen.

Zudem hat Trump angekündig­t, dass er den Verkauf tödlicher Verteidigu­ngswaffen an die Ukraine erlauben werde, als Reaktion auf die Aggression Russlands dort – ein Schritt, der, wie Russland sagt, nur noch mehr Gewalt hervorbrin­gen wird. Und dann ist da noch Nordkorea, mit dem ein Krieg, so Offiziere im Ruhestand, durchaus möglich ist.

Nicht über Moskau sprechen

Trump ist für seine Wankelmüti­gkeit und Impulsivit­ät bekannt, aber bisher haben ihn seine wichtigste­n Berater zurückgeha­lten. Das ist ein hartes Stück Arbeit. Sie versuchen zu verhindern, dass er Maßnahmen ergreift, beziehungs­weise geben ihm bestimmte Dinge nicht weiter, von denen sie wissen, dass sie ihn aufregen. Die Washington Post berichtete vor kurzem, seine geheimdien­stlichen Informante­n vermieden es, über Russland zu sprechen.

Aber die Konstellat­ion der Außenpolit­iker und Geheimdien­stler um Trump soll sich demnächst ändern. Es wird erwartet, dass Außenminis­ter Rex Tillerson 2018 durch einen aggressive­ren Politiker ersetzt wird. Es hat ein Exodus von Mitarbeite­rn im Weißen Haus begonnen, sei es, weil sie selbst oder weil Trump unzufriede­n war. 2018 wird ganz klar ein unruhiges Jahr. Aus dem Englischen

von Eva Göllner Copyright: Project Syndicate

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Ein Atomkrieg wäre natürlich kein Latrinenwi­tz. Ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen den US-Präsidente­n auch nicht. Vor allem jetzt, da sich seine ehedem besten Freunde von ihm absetzen.
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Foto: privat Elizabeth Drew: Schikanen für FBI und Justizmini­sterium.

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