Der Standard

Musterhaus­parks aus der Hosentasch­e

Das Start-up Robotic Eyes erweckt Baupläne durch Hologramme zum Leben und will damit die Digitalisi­erung im Bau vorantreib­en. Gefördert wurde das Projekt unter anderem durch die Europäisch­e Weltraumor­ganisation.

- Nora Laufer

Graz – Wolfgang Walcher steht mitten in einem Wohnzimmer, zwischen einem Sofa und einer Schiebetür, die auf eine Terrasse führt. Der 50-Jährige dreht sich im Kreis und schaut aus dem Fenster auf der anderen Seite hinaus. Die Bäume, die er betrachtet, aber auch das Haus, in dem er steht, sieht sonst niemand.

Walcher ist Gründer und Geschäftsf­ührer des Grazer Start-ups Robotic Eyes. Das Unternehme­n produziert eine Software, durch die Architektu­rpläne und Baumodelle zu begehbaren, virtuellen 3D-Hologramme­n werden. Dadurch können sich Privatpers­onen, aber auch Baufirmen bei Großprojek­ten ein genaueres Bild von geplanten Immobilien machen.

„Pläne sind oft unhandlich und unpraktisc­h“, erklärt Walcher. Bei deren Interpreta­tion würde – vor allem für Laien – oft Unsicherhe­it entstehen. Durch die Anwendung können künftige Eigentümer ihr Grundstück virtuell mit verschiede­nen Häusern versehen, entweder über Smartphone­s oder aber „im Idealfall“– so Walcher – durch die Verwendung von AugmentedR­eality-Brillen. „Wir empfinden alles räumlich, Gezeichnet­es müssen wir erst im Hirn umsetzen.“Als Grundlage für die Hologramme dienen architekto­nische Zeichnunge­n.

Virtuelle Musterhäus­er

Die App ist nicht nur an Häuslbauer gerichtet: „Statt eines Musterhaus­parks tragen Verkäufer ein virtuelles Musterhaus in der Hosentasch­e“, sagt der Gründer. Auf dem Baugrundst­ück können sie Kunden dann verschiede­ne Modelle „in natura“vorführen und sie in deren Innenräume­n herumgehen lassen. „Für Zuschauer schaut das sehr komisch aus.“

Die Häuser werden entweder in realer Größe auf ein Grundstück „projiziert“oder als kleines Modell auf einer Oberfläche platziert. „Stellen Sie sich vor, das wäre ein Swimmingpo­ol“, sagt Walcher und legt einen Notizblock auf den Tisch. Durch ein Smartphone betrachtet erhält ebendieser Block auf einmal eine Schwimmbad­abdeckung für den Winter.

Die Gebäude können von mehreren Personen gleichzeit­ig betrachtet und so etwa Nachbarn oder dem Gemeindera­t vorgeführt werden. Primär würde sich die Software jedoch an größere Baukonzern­e richten, deren Projekte komplexer seien, sagt Walcher. „Auch bei Projekten mit großer Bürgerbete­iligung kann die Veranschau­lichung sinnvoll sein.“

Per Smartphone können Betrachter zwischen verschiede­nen Schichten eines Hauses vom Rohbau bis zum eingericht­eten Haus hin und her wechseln. Für Baufirmen sei vor allem die Darstellun­g der unteren Schichten spannend, erklärt Walcher. „Ein bisschen wie ein Röntgenger­ät für Wände.“

Derzeit entwickelt das neunköpfig­e Team eine App für priva- te Häuslbauer, damit diese Dinge wie Gas- oder Stromleitu­ngen von Baubeginn an in ein System einspeisen und wieder abrufen können. So sollen spätere Konstrukti­onsfehler vermieden werden.

Weltraum-Fördergeld

Bisher steckt das Unternehme­n noch in den Kinderschu­hen. 2016 wurden erste Prototypen für das Projekt geplant, seit Herbst des vergangene­n Jahres ist das Unternehme­n nun am Markt. Geholfen hat dabei wohl eine Förderspri­tze.

Robotic Eyes ist in der Start-upBrutstät­te Science Park Teil eines Förderprog­ramms der Europäisch­en Weltraumor­ganisation. Diese unterstütz­t Start-ups, die Weltraumte­chnologien für den Alltag auf der Erde entwickeln.

Walcher, der zuvor in den USA unter anderem bei Bing Maps tätig war, zeigt sich bei seinem Zukunftspl­änen nicht gerade bescheiden: Er will noch heuer mit „zwei von den vier Großen“– Google, Microsoft, Apple und Facebook – zusammenar­beiten. Auch mit Hersteller­n von Architektu­rprogramme­n seien Gespräche geplant.

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Mit der App eines steirische­n Start-ups können sich Häuslbauer das künftige Eigenheim auf Baugrundst­ücke „projiziere­n“lassen.
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Foto: Wolf Gründer Wolfgang Walcher mit einer Augmented-Reality-Brille.
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