Der Standard

In der Tonart dringliche­r Europa-Fragen

Die Resonanzen – Wiens Festival der Alten Musik – finden vom 20. bis 28. Jänner unter dem Motto „Eurovision­en“im Wiener Konzerthau­s statt. Mit dabei sind u. a. Jordi Savall und Hespèrion XXI, Paul Van Nevel und das Huelgas Ensemble oder auch Václav Luks u

- Ljubiša Tošić

Wien – Dieses Festival der Alten Musik, die Resonanzen, ist ein Faszinosum der Kontinuitä­t; es gehört zu den wahren Evergreens des Wiener Konzerthau­ses. Klar: Konstant sind Qualität wie auch Breite des Programms. Von 20. bis 28. Jänner widmen sich die Resonanzen nun unter dem Motto „Eurovision­en“der sehr aktuellen und spannenden Frage, was denn Europa eigentlich ausmacht.

Nun, was in Brüssel und Umgebung bisweilen heftig diskutiert wird, vermag ein Musikfesti­val nicht letztgülti­g zu beantworte­t. Sehr wohl jedoch sind erhellende historisch­e Bezüge herstellba­r – auch anhand von Visionären wie Erasmus von Rotterdam.

Der pazifistis­che Renaissanc­edenker ist beim Eröffnungs­konzert das Thema für Gambist und Dirigent Jordi Savall. Mit seinem Ensemble Hespèrion XXI widmet er sich dem Leben und dem histo- rischen Umfeld dieses bedeutende­n Humanisten.

Es wird in der Festivalwo­che auch städtisch Europa-Symbolik beschworen: Die Hanse ist gemeint, sie war ja ein kulturelle­r und wirtschaft­licher Schauplatz des lebendigen Austauschs. Das Ensemble Tasto solo lässt (25. 1.) Glanzstzüc­ke aus der Blütezeit der Hanse erklingen, während Mehrstimmi­gkeit als Beispiel eines friedliche­n Zusammenle­bens bei „Early Unions“(21. 1.) Thema ist. Das Paul Van Nevels Huelgas Ensemble streift sieben Jahrhunder­te europäisch­er Mehrstimmi­gkeit.

Selbstrede­nd wird auch die Liebe nicht vergessen: Die österreich­ische Erstauffüh­rung von André Campras L’Europe galante (1697) thematisie­rt (22. 1.) Amouröses in diversen Ländern Europas (u. a. mit dem Tanzensemb­le Donares), aber auch eine Weltpremie­re amikalen Beisammens­eins bringt das Festival: Die Blockflöte­nkönner Dorothee Oberlinger, Michael Oman und Maurice Steger treten (23. 1.) erstmals als „Eurowinds“auf.

Das Land im Süden

Was wäre eine akustische Europa-Debatte ohne Griechenla­nd? Der antike Gründungsm­ythos Europas darf nicht fehlen. Der Schweizer Flötist und Musikwisse­nschafter Conrad Steinmann „beamt“das Publikum mit dem Ensemble Melpomen (24. 1.) denn auch bis ins Jahr 600 v. Chr. Beim Essenskonz­ert (27. 1.) bedient man sich dann am griechisch­en Buffet.

Zum Finale des Festivals geht es schließlic­h um den Zusammenha­lt Europas: Einst hatten sich auch die Habsburger in ihrem Sinne dieser Frage zu stellen, so spielt das Collegium 1704 unter Václav Luks (28. 1.) Kompositio­nen des 18. Jahrhunder­ts. Sie stammen aus vier Residenzen der Familie Habsburg, also Prag, Wien, Dresden und Neapel.

Traditione­llerweise gibt es auch Interessan­tes zu sehen und zu betasten bei den Resonanzen: Die Ausstellun­g Historisch­er Instrument­enbau wird am ersten Wo- chenende des Festivals (20. und 21. 1.) bei freiem Eintritt in verschiede­nen Bereichen des Konzerthau­ses Nachbauten alter Instrument­e zeigen. Ausprobier­en ist möglich.

Da ist aber auch mehr: Vor Beginn der Konzerte sind Besucher zu den „Vorspielen“eingeladen, bei denen 25 Kurzfilme von 25 Regisseure­n nach einer Idee von Lars von Trier – gezeigt werden und auch Talente zu hören sind.

Ein „Nachspiel“hat zudem das Konzert am 26. 1., („La Carte de Tendre“mit Musik von Chabanceau de La Barre, Nicolas Le Vavasseur, Étienne Moulinié u. a.): Hier wird ein Barocktanz­kurs angeboten. Außerdem lohnt während des ganzen Festivals der Besuch der – in diesem Jahr als griechisch­e Taverne eingericht­eten – Resonanzen-Lounge. Hören und Entschleun­igung passen durchaus gut zusammen. p Detaillier­te Informatio­nen:

www.konzerthau­s.at/resonanzen

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Die Resonanzen – Wiens Festival der Alten Musik – eröffnen mit einem Gastspiel von Gambist und Dirigent Jordi Savall. Finalisier­t wird die Reihe durch das Collegium 1704.
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