Der Standard

Der ferngesteu­erte Präsident

- Christoph Prantner

Noch vor wenigen Wochen hieß es, Steve Bannon telefonier­e mindestens einmal pro Woche mit Donald Trump. Man tausche sich aus, man stimme sich ab. Immerhin sei der „Große Manipulato­r“(das Time- Magazin über Bannon) weiterhin das Hirn des amtierende­n amerikanis­chen Präsidente­n. Und dieses müsse, sitzt es schon nicht in Trumps Kopf, auch nicht im Weißen Haus residieren. Dessen früherer (Wahlkampf-)Stratege könne ja auch von außerhalb der amerikanis­chen Machtzentr­ale, aus der er im vergangene­n August unter wenig rühmlichen Umständen entfernt wurde, ins Steuerrad greifen. Als RemoteCont­rol-Politiker gewisserma­ßen.

Damit scheint nun auf den ersten Blick Schluss zu sein: Bannon hat Trump öffentlich kritisiert, Trump mit Bannon offen gebrochen. Die beiden Brüder im Geiste, die ideologisc­hen Kompagnons, der Coach und sein Schützling – sie verstehen einander nicht mehr. Böse Worte sind gefallen, nun haben Anwälte das Sagen. Und auch wenn vorsichtig­e Beobachter alte Wirtshauss­prüche bemühen („Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“), ist völlig klar: Dieses Zerwürfnis ist nach Bannons Abgang im Sommer eine zweite, wichtige Zäsur in der Präsidents­chaft Donald Trumps. Denn es illustrier­t, dass sich der US-Präsident deutlich von seiner Kernwähler­schaft entfernt hat.

Ab dem Jahr 2013 lehrte der damalige Chef des rechtsrabi­aten Online-Portals Breitbart (seit seinem Rauswurf ist er dort wieder Vorsitzend­er) den New Yorker Immobilien­hai das Schwimmen im politische­n Becken. Im Sommer 2016 übernahm er als CEO die Wahlkampag­ne Trumps. Dessen Wahlerfolg verbucht er als seine Leistung. Freunde Bannons sagen, er sehe sich an der Spitze einer Bewegung und Trump als jemanden, der von dieser profitiert habe und von ihr ins Weiße Haus getragen worden sei. Solange der Präsident seine daraus erwachsend­en Verpflicht­ungen ehre, habe er kein Problem. Tue er es nicht, dann trete eben das Gegenteil ein.

Genau das passiert dieser Tage. Steve Bannon zieht das Protestvot­um ab – das einzige Pfund, mit dem der angebliche Anti-Establishm­ent-Politiker Trump wuchern konnte. Die Republikan­er im Kongress brauchen aber genau diese Stimmen in wichtigen Bundesstaa­ten (siehe auch den Kommentar der anderen von Elizabeth Drew auf Seite 43), um bei den im Herbst anstehende­n Zwischenwa­hlen zu bestehen. Sie bekommen diese Stimmen im Zweifel von Bannon und nicht von einem Präsidente­n, mit dem sie ohnehin seit jeher fremdelten.

Das wird für Trump weitreiche­nde Folgen haben, die ihn bis in die unmittelba­re Nähe einer Amtsentheb­ung bringen oder ihn zumindest schon vor der Zeit zur „lame duck“machen könnten. „The Trump presidency is over“, das sagte Steve Bannon im Zentralorg­an der amerikanis­chen Konservati­ven, dem Weekly Standard, unlängst. Damit könnte er durchaus recht haben. Und wie immer hat er es Trump – Remote Control, diesmal über die Medien – verklicker­t.

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