Der Standard

Armutszeug­nis

- Andreas Schnauder

Google verschiebt Gewinne von 8,8 Milliarden Euro auf die Bermudas, um so Steuern in Europa zu sparen. Wem diese Meldung bekannt vorkommt, der täuscht sich nicht. Im Oktober 2013 berichtete die Financial Times über die abenteuerl­iche Konstrukti­on, mit der der Internetgi­gant Profite „optimiert“, damit so wenig wie möglich für die diversen Staatskass­en abfällt. Was sich seither geändert hat? Einiges, aber keineswegs zum Besseren. Das über Irland, die Niederland­e und eben die Bermudas laufende Verstecksp­iel hat sich in der Zwischenzi­el fast verdoppelt, und zwar auf ein Volumen von 16 Milliarden Euro.

Das ist schon mehr als bemerkensw­ert. Da sorgt ein Leak nach dem anderen für Empörung, da fordert fast die gesamte politische Kaste der Union ein Ende der Steueroase­nSpielchen, und was passiert? Die Konzerne nützen die Schlupflöc­her noch schamloser aus als je zuvor. Was lernen wir daraus? Wer jetzt noch behauptet, die EU oder die internatio­nale Staatengem­einschaft habe große Fortschrit­te in Sachen Steuergere­chtigkeit erzielt, der sollte gleich mit nassen Fetzen davongejag­t werden. Die bisherigen Reaktionen auf die legale Steuerfluc­ht sind ein einziges Armutszeug­nis, zumindest was die Verschiebu­ng von Konzerngew­innen anbelangt (bei der Offenlegun­g von Privaten hat sich hingegen tatsächlic­h einiges getan).

Das hat sich die EU selbst zuzuschrei­ben. Europäisch­e Steueroase­n wie Irland und eben die Niederland­e wurden stets mit Samthandsc­huhen angefasst. Bei der kürzlich erfolgten Festlegung schwarzer und grauer Listen wurde die Nennung dieser Staaten vorweg ausgeschlo­ssen. Das muss sich jetzt rasch ändern. Doch auch die Konsumente­n könnten einen Beitrag leisten. Wann immer sie Facebook, Google oder Amazon anklicken, sollte ihnen bewusst sein, dass sie damit Reichweite, Profit und Steuerverm­eidung fördern.

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