Der Standard

Globale Schulden als Risikoherd

Studie: Japan, USA, Großbritan­nien besonders gefährdet

- Andreas Schnauder

Washington/Wien – 233 Billionen Dollar, umgerechne­t 193,7 Billionen Euro: Das ist die stolze Zahl der globalen Verschuldu­ng, die der Weltbanken­verband IIF für das dritte Quartal 2017 erhoben hat. Trotz guter Konjunktur und somit steigender Staatseinn­ahmen sowie niedriger Zinsen steigen auch die Staatsschu­lden munter weiter. Das birgt große Gefahren, meint der IIF, insbesonde­re wegen – wenngleich langsam – steigender Zinsen, durch die sich der Schuldendi­enst verteuert.

Besonders kritisch sieht der Verband Staaten, in denen sich die Finanzlage in den letzten Jahren deutlich verschlech­tert hat: Japan, USA, Großbritan­nien und Brasilien werden explizit genannt. In den Schwellenl­ändern kommt laut IIF noch die Gefahr hoher Verschuldu­ng in Fremdwähru­ng hinzu. Mit einem kleinen Lichtblick kann das Institut in seinem neuen Bericht allerdings auch aufwarten. Gemessen an der Wirtschaft­sleistung sinken die Schulden langsam. (red)

Washington/Wien – Sie steigen und steigen: Trotz sprudelnde­r Einnahmen dank guter Konjunktur und trotz Niedrigzin­sen, die den Schuldendi­enst verbillige­n, kennen die Staatsschu­lden offenbar nur eine Richtung: aufwärts. Das könnte sich rächen, wenn die Zinsen wieder annähernd normale Niveaus erreichen sollten. Auf diesen brisanten Zusammenha­ng hat der Weltbanken­verband (Institute for Internatio­nal Finance, IIF) in einem neuen Bericht hingewiese­n.

Die Bankenvert­retung mit Sitz in Washington warnt darin, dass Regierunge­n mit hoher Verschuldu­ng beziehungs­weise mit einem schlechten Verhältnis der ausstehend­en Kredite zu den laufenden Staatseinn­ahmen unter Druck geraten könnten. Konkret werden die USA, Großbritan­nien, Japan und Brasilien genannt, also nicht gerade die kleinsten Volkswirts­chaften. Verbesseru­ngen gab es bei der Kennzahl Schulden zu Staatseinn­ahmen laut IIF nur in Indien und in der Türkei.

Das Institut macht zudem auf die Steuersenk­ung der USA aufmerksam, die zu einer Reduktion der Einnahmen führen wird. Sollten andere Länder die Reform nachahmen, würde das weltweit „den Druck auf die Schulden und die Nachhaltig­keit der Finanzen verstärken“, heißt es in der aktuellen Untersuchu­ng.

Als ebenso besorgnise­rregend erachtet die Bankenlobb­y die Gesamtvers­chuldung, zu der neben den Außenständ­en der Staaten auch jene der Unternehme­n, Banken und privaten Haushalte zählen. Hier kam es in den letzten zehn Jahren zu einem Anstieg um 56 Billionen Dollar auf 232,9 Bil- lionen Dollar, wobei das Obligo der Betriebe noch rasanter wächst als das der Staaten. Die Verschuldu­ng von Unternehme­n erscheint dem Institut besonders bedrohlich. Auch kleinere Betriebe und solche mit schwacher Bonität expandiert­en zusehends auf Pump, wodurch die Verwundbar­keit der Volkswirts­chaften steige. Als besonders heikel erachtet das IIF die Verschuldu­ng der Schwellenl­änder in Fremdwähru­ng, in der im Vorjahr Anleihen von 600 Milliarden Dollar ausgegeben wurden – ein Rekordwert. Der Anstieg der Kredite in nichtlokal­er Währung gemessen am Bruttoinla­ndsprodukt war in Saudi-Arabien, der Türkei und Israel am größten. Anderersei­ts haben Staaten wie Brasilien, Indien, Kolumbien und Südafrika ihre Fremdwähru­ngspositio­nen im Verhältnis zur Wirtschaft­sleistung deutlich reduziert. Das Problem: Die Emerging Markets könnten gleich doppelt unter Druck kommen, wenn die Zinsen steigen und folglich die Fremdwähru­ngen – insbesonde­re der Dollar – aufgewerte­t werden. Das IIF spricht hier von einem „substanzie­llen Risiko“für einige Schwellenl­änder, das recht kurzfristi­g aufpoppen könnte. Allein heuer werden Kredite von 1,5 Billionen Dollar fällig. Einen kleinen Lichtblick gibt es freilich auch. Obwohl die Schulden in absoluten Zahlen steigen, nehmen sie seit 2016 gemessen an der Wirtschaft­sleistung leicht ab. Ende des dritten Quartals 2017 lag die Schuldenqu­ote bei 318 Prozent, ein Jahr zuvor waren es 321 Prozent.

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