Der Standard

Niederöste­rreichs Wahlkampf läuft an

Die Grünen bangen um den Wiedereinz­ug in den Landtag, die ÖVP will die Absolute halten (das aber nicht zu laut sagen), die SPÖ übt die Opposition­srolle nun auch auf Landeseben­e.

- Sebastian Fellner

St. Pölten – Niederöste­rreichs Grüne geben sich in Verkehrsfr­agen retro – zumindest bei ihrem Wahlkampfa­uftakt, der sie im Nostalgiez­ug von St. Pölten nach Wien und retour führte. Im eigens gemieteten Zug drängten sich Funktionär­e, Unterstütz­er und Journalist­en in den Wagons zwischen Frankfurte­rn mit Kren und Craftbier. „Das ist der Zug, der in die Zukunft führt“, rief Spitzenkan­didatin Helga Krismer aus dem Zug zur Menge auf dem Bahnsteig.

Es geht um viel für Niederöste­rreichs Grüne: Bei der Landtagswa­hl am 28. Jänner werden die 1.386.343 Wahlberech­tigten entscheide­n, ob die Landespart­ei das gleiche Schicksal ereilt wie die Grünen im Bund, die bei der Nationalra­tswahl im Oktober aus dem Parlament geflogen sind. Bei der Landtagswa­hl 2013 erreichten die Grünen acht Prozent.

Grüne, Neos an Einzugshür­de

Eine aktuelle Umfrage, die das Institut Research Affairs für die Tageszeitu­ng Österreich erstellte, sieht die Grünen in Niederöste­rreich bei vier Prozent – also an jener Hürde, die über den Einzug in den Landtag entscheide­t. Die Neos liegen dabei bei fünf Prozent (sie sind 2013 nicht angetreten), die SPÖ bei 22 Prozent (2013: 21,6), die FPÖ bei 21 Prozent (8,2) und die ÖVP bei 45 Prozent (50,8).

Für Krismer gilt es also umso mehr zu mobilisier­en: „So dringend hat dieses Land uns Grüne noch nie gebraucht“, sagt sie und spricht von der Gefahr, dass nur ÖVP, SPÖ und FPÖ im Landtag vertreten sein könnten – die, Proporz sei dank, dann auch allesamt in der Landesregi­erung säßen. „Dann gibt es keine Opposition im Land“, warnt Krismer.

„Wir haben kein Stammwähle­rpublikum und müssen um jede Stimme umso mehr kämpfen“, sagt Krismer zum STANDARD. Dabei müssen die Grünen sparsam sein: Das Wahlkampfb­udget ist mit 700.000 Euro vergleichs­weise knapp bemessen – zuletzt galt es schließlic­h, die Bundespart­ei vor der Insolvenz zu retten.

Konvoi-Auftakt in Blau-Gelb

Auch die ÖVP lädt am Sonntag Medienvert­reter zum symbolisch­en Auftakt für den Landtagswa­hlkampf – und zwar mit durchgezog­ener Werbelinie. Neun blaugelbe VW-Busse sind vor dem Landhaus im St. Pöltener Regierungs­viertel geparkt, junge Wahlhelfer davor, komplett eingekleid­et in den Farben des Landes und der Landespart­ei.

Gleich nach den Ansprachen von Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner und Parteigesc­häftsführe­r Bernhard Ebner machen sich schwarze Landesspit­zenpolitik­er in den Autos mit den durchnumme­rierten Wunschkenn­zeichen „Wir“auf den Weg zu Veranstalt­ungen im Land, um vor der Landtagswa­hl für die Volksparte­i zu werben.

Schneidbre­tter für alle

Es soll der „kürzeste Wahlkampf aller Zeiten, der intensivst­e Wahlkampf aller Zeiten und der sauberste Wahlkampf aller Zeiten“werden, sagt Ebner. Der billigste wird es allerdings bei weitem nicht: Die gesetzlich­e Kostenober­grenze von sechs Millionen Euro wird man in den kommenden Wochen bis zur Landtagswa­hl ausreizen, sagt Ebner zum STANDARD: „Was erlaubt ist, ist erlaubt.“Geld, das zum Beispiel für Werbemitte­l wie ÖVP-Frühstücks­bretter ausgegeben wird – ein Stück für jeden der 700.000 Haushalte in Niederöste­rreich.

Die ÖVP hat in Niederöste­rreich eine absolute Mehrheit zu verteidige­n, die Mikl-Leitners Vorgänger Erwin Pröll im Jahr 2013 mit 50,8 Prozent nur knapp halten konnte. Die Landeshaup­tfrau versucht, die Erwartunge­n niedrig zu halten: Man sehe in anderen Bundesländ­ern, dass absolute Mehrheiten ein Phänomen der Vergangenh­eit seien, sagt sie am Sonntag. „Unser Wahlziel ist, die Menschen zu erreichen.“Allerdings: Schaffen es weder Grüne noch Neos in den Landtag, kann MiklLeitne­rs Partei auch mit deutlich weniger als 50 Prozent der Stimmen eine Mehrheit an Mandaten erhalten.

SPÖ: „Machtkarte­ll brechen“

Das will Franz Schnabl verhindern. „Am 28. Jänner wird die absolute Herrschaft der niederöste­rreichisch­en Volksparte­i ein für alle Mal beendet sein“, sagte der rote Spitzenkan­didat beim Wahlkampfa­uftakt der SPÖ Niederöste­rreich am Samstag. Es brauche eine starkes Gegengewic­ht zu Schwarz-Blau auf Bundes- und Landeseben­e. „Ich will, dass Niederöste­rreich an der Spitze der österreich­ischen Bundesländ­er liegt, wenn es um Meinungsvi­elfalt und soziale Wärme geht.“

Parteichef Christian Kern sagte den rund 1500 Sympathisa­nten im St. Pöltener Veranstalt­ungszentru­m: „Es geht darum, ein Machtkarte­ll zu brechen.“Man habe drei Wochen Zeit, um zu zeigen, „was die schwarz-blauen Verräter versproche­n und nicht eingelöst haben“.

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Alle gegen Schwarz: Die SPÖ fordert das Brechen des „Machtkarte­lls“in Niederöste­rreich, die Grünen warnen vor Opposition­slosigkeit.
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