Niederösterreichs Wahlkampf läuft an
Die Grünen bangen um den Wiedereinzug in den Landtag, die ÖVP will die Absolute halten (das aber nicht zu laut sagen), die SPÖ übt die Oppositionsrolle nun auch auf Landesebene.
St. Pölten – Niederösterreichs Grüne geben sich in Verkehrsfragen retro – zumindest bei ihrem Wahlkampfauftakt, der sie im Nostalgiezug von St. Pölten nach Wien und retour führte. Im eigens gemieteten Zug drängten sich Funktionäre, Unterstützer und Journalisten in den Wagons zwischen Frankfurtern mit Kren und Craftbier. „Das ist der Zug, der in die Zukunft führt“, rief Spitzenkandidatin Helga Krismer aus dem Zug zur Menge auf dem Bahnsteig.
Es geht um viel für Niederösterreichs Grüne: Bei der Landtagswahl am 28. Jänner werden die 1.386.343 Wahlberechtigten entscheiden, ob die Landespartei das gleiche Schicksal ereilt wie die Grünen im Bund, die bei der Nationalratswahl im Oktober aus dem Parlament geflogen sind. Bei der Landtagswahl 2013 erreichten die Grünen acht Prozent.
Grüne, Neos an Einzugshürde
Eine aktuelle Umfrage, die das Institut Research Affairs für die Tageszeitung Österreich erstellte, sieht die Grünen in Niederösterreich bei vier Prozent – also an jener Hürde, die über den Einzug in den Landtag entscheidet. Die Neos liegen dabei bei fünf Prozent (sie sind 2013 nicht angetreten), die SPÖ bei 22 Prozent (2013: 21,6), die FPÖ bei 21 Prozent (8,2) und die ÖVP bei 45 Prozent (50,8).
Für Krismer gilt es also umso mehr zu mobilisieren: „So dringend hat dieses Land uns Grüne noch nie gebraucht“, sagt sie und spricht von der Gefahr, dass nur ÖVP, SPÖ und FPÖ im Landtag vertreten sein könnten – die, Proporz sei dank, dann auch allesamt in der Landesregierung säßen. „Dann gibt es keine Opposition im Land“, warnt Krismer.
„Wir haben kein Stammwählerpublikum und müssen um jede Stimme umso mehr kämpfen“, sagt Krismer zum STANDARD. Dabei müssen die Grünen sparsam sein: Das Wahlkampfbudget ist mit 700.000 Euro vergleichsweise knapp bemessen – zuletzt galt es schließlich, die Bundespartei vor der Insolvenz zu retten.
Konvoi-Auftakt in Blau-Gelb
Auch die ÖVP lädt am Sonntag Medienvertreter zum symbolischen Auftakt für den Landtagswahlkampf – und zwar mit durchgezogener Werbelinie. Neun blaugelbe VW-Busse sind vor dem Landhaus im St. Pöltener Regierungsviertel geparkt, junge Wahlhelfer davor, komplett eingekleidet in den Farben des Landes und der Landespartei.
Gleich nach den Ansprachen von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Parteigeschäftsführer Bernhard Ebner machen sich schwarze Landesspitzenpolitiker in den Autos mit den durchnummerierten Wunschkennzeichen „Wir“auf den Weg zu Veranstaltungen im Land, um vor der Landtagswahl für die Volkspartei zu werben.
Schneidbretter für alle
Es soll der „kürzeste Wahlkampf aller Zeiten, der intensivste Wahlkampf aller Zeiten und der sauberste Wahlkampf aller Zeiten“werden, sagt Ebner. Der billigste wird es allerdings bei weitem nicht: Die gesetzliche Kostenobergrenze von sechs Millionen Euro wird man in den kommenden Wochen bis zur Landtagswahl ausreizen, sagt Ebner zum STANDARD: „Was erlaubt ist, ist erlaubt.“Geld, das zum Beispiel für Werbemittel wie ÖVP-Frühstücksbretter ausgegeben wird – ein Stück für jeden der 700.000 Haushalte in Niederösterreich.
Die ÖVP hat in Niederösterreich eine absolute Mehrheit zu verteidigen, die Mikl-Leitners Vorgänger Erwin Pröll im Jahr 2013 mit 50,8 Prozent nur knapp halten konnte. Die Landeshauptfrau versucht, die Erwartungen niedrig zu halten: Man sehe in anderen Bundesländern, dass absolute Mehrheiten ein Phänomen der Vergangenheit seien, sagt sie am Sonntag. „Unser Wahlziel ist, die Menschen zu erreichen.“Allerdings: Schaffen es weder Grüne noch Neos in den Landtag, kann MiklLeitners Partei auch mit deutlich weniger als 50 Prozent der Stimmen eine Mehrheit an Mandaten erhalten.
SPÖ: „Machtkartell brechen“
Das will Franz Schnabl verhindern. „Am 28. Jänner wird die absolute Herrschaft der niederösterreichischen Volkspartei ein für alle Mal beendet sein“, sagte der rote Spitzenkandidat beim Wahlkampfauftakt der SPÖ Niederösterreich am Samstag. Es brauche eine starkes Gegengewicht zu Schwarz-Blau auf Bundes- und Landesebene. „Ich will, dass Niederösterreich an der Spitze der österreichischen Bundesländer liegt, wenn es um Meinungsvielfalt und soziale Wärme geht.“
Parteichef Christian Kern sagte den rund 1500 Sympathisanten im St. Pöltener Veranstaltungszentrum: „Es geht darum, ein Machtkartell zu brechen.“Man habe drei Wochen Zeit, um zu zeigen, „was die schwarz-blauen Verräter versprochen und nicht eingelöst haben“.