Buwog-Prozess noch ohne 100-Prozent-Erleuchtung
Grassers Verteidiger Manfred Ainedter hat wegen Kontakten mit den Schöffen einen harschen Verweis der Richterin ausgefasst. Die Fragen der Grasser-Anwälte an Hochegger lösten ein Hickhack vor Gericht aus.
Wien – So richtig rund ist der neunte Verhandlungstag für BuwogAngeklagten und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser bzw. seine Anwälte und für Exlobbyist Walter Meischberger nicht gelaufen. Am Mittwoch nämlich wurde im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Wien einmal mehr Peter Hochegger befragt – und er hat sein Teilgeständnis bestätigt, mit dem er u. a. Grasser schwer belastet.
Gleich zu Beginn der Verhandlung hat Grassers Anwalt Manfred Ainedter eine kräftige Kopfwäsche verpasst bekommen. Richterin Marion Hohenecker rügte den seit Jahrzehnten tätigen Verteidiger scharf, weil der tags zuvor in einer Pause zwei Hauptschöffen angesprochen und ihnen zu verstehen gegeben habe, dass man über ihr Privatleben recherchiert habe. Das gaben die Schöffen zu Protokoll, sie hätten gar nicht mit dem Anwalt reden wollen.
Strenge Vorschriften
Hintergrund: Schöffen (und Geschworene) müssen, wie Berufsrichter, unparteiisch sein, Kontakt und Gespräche mit Prozessbeteiligten sind absolut tabu und können durchaus den Ausschluss der Laienrichter aus dem Verfahren zur Folge haben.
Ainedters Verhalten sorgte in den Pausen für heftige Diskussionen (nicht nur) unter Juristen, er selbst erklärte der Richterin, er habe nur „Smalltalk“betrieben.
Ein anderes Pausengespräch thematisierten die Staatsanwälte in ihrer Befragung von Hochegger. Sie wollten wissen, was denn Meischberger von Hochegger in jener Verhandlungspause wollte, die der Ankündigung von dessen Teilgeständnis vorangegangen war. Das Gerücht von einer derartigen Aussage des Exlobbyisten hatte an diesem Tag bereits die Runde gemacht.
Mit den Worten „Peter, das kannst du nicht machen, wo wir jetzt so gut liegen“habe ihn Meischberger von einem Geständnis abhalten wollen, sagte Hochegger dazu aus. Er aber ließ Meischberger abblitzen, mit den Worten: „Es gibt kein Wir. Jeder ist für seine Vergangenheit verantwortlich.“Was Meischberger zu dieser Schilderung seines früheren Freundes und Geschäftspartners sagt, war in der Verhandlung am Mittwoch kein Thema.
Am Nachmittag dann waren die Grassers Anwälte am Zug. Erwar- tet wurde naheliegenderweise, dass sie Hochegger in die Mangel nehmen würden, soweit das Prozessregeln eben zulassen. Stattdessen geriet zumindest der Beginn der Fragerunde zu einem veritablen Match zwischen Anwalt Norbert Wess, Staatsanwaltschaft und Richterin – das der Anwalt jedenfalls: nicht gewann.
Aber der Reihe nach. Hochegger sagt aus, er habe Mitte 2005 von Banker Christoph W. erfahren, dass der damalige Finanzminister Grasser hinter einem Liechtenstein-Konto stehe und dann 2,4 Millionen von der Buwog-Provision bekommen habe. Grasser bestreitet das, W. kommentierte das Teilgeständnis mit: „Fake-News“.
Mit seiner Methode, Hochegger anhand von Powerpointfolien mit Auszügen und Zitaten aus Anklageschrift und Anwaltplädoyer zu befragen, erregte Wess aber den Unmut der Staatsanwälte und der Richterin. Die Vertreter der Anklagebehörde sahen darin unzulässige „Suggestivfragen“, immer wieder musste der Anwalt seine Fragen umformulieren. Schließlich riss Hohenecker der Geduldsfaden. „Wir führen hier keine Materialschlacht mit 800 Seiten Anklageschrift und 600 Seiten Gegenäußerung“, beide seien keine Beweismittel. „Es geht nur um Zahlen, Daten, Fakten“, dazu sollten Fragen gestellt werden und nicht zu Vermutungen.
Konten erst später eröffnet
Danach lief es besser; Hochegger blieb aber bei seinen Aussagen. Auch bei jenen zu den Liechtenstein-Konten, von denen das mit der Nummer 400.815 Grasser zuzuordnen sei. Die Anwälte hinterfragten, wie es sein könne, dass ihm ein Banker beim zweiten Zusammentreffen (Mitte 2005) eine derart heikle Information gegeben habe. Und: Konten „Karin“bzw. „Natalie“seien damals noch gar nicht eröffnet gewesen, das sei erst im Oktober bzw. Dezember 2005 geschehen.
Da räumte der Exlobbyist ein, dass das Treffen mit Banker W. vielleicht später stattgefunden habe – inhaltlich blieb er aber bei seiner Darstellung. Wess’ Frage, ob Hochegger in seinem Läuterungsprozess noch nicht zu 100 Prozent bei der Wahrheit angekommen sei, beantwortete der so: „Ich bin noch nicht erleuchtet.“
Vielleicht geschieht das heute, Donnerstag. Da wird Hochegger weiter befragt, zunächst von Meischbergers Anwalt, Jörg Zarbl. pLiveticker Donnerstag ab 9.30 Uhr
auf derStandard.at/CausaGrasser.