Der Standard

Nadja Heigl liebt den Gatsch

Die 21-jährige Nadja Heigl ist die beste Querfeldei­nradsportl­erin des Landes. Mit Enthusiasm­us und familiärer Unterstütz­ung nähert sich Österreich­s einzige Weltcup-Starterin der Weltklasse an, eine Medaille bei der U23-WM im Februar scheint nicht unmöglic

- Michael Robausch

St. Pölten – „Ich bin über meine Familie zum Sport gekommen“, sagt Nadja Heigl. Auch Vater und Bruder von Österreich­s bester Querfeldei­nfahrerin sind im Radsport aktiv. Will er auch im Winter unterwegs sein, landet der engagierte Pedaleur quasi automatisc­h beim Querfeldei­nsport, auch Cyclocross genannt.

Heigl, 21 Jahre jung, gewann am Dreikönigs­tag in St. Pölten in hochüberle­gener Manier als erste Athletin zum sechsten Mal in Folge die nationale Meistersch­aft, tritt als einzige Österreich­erin im Weltcup an. Dabei hat sich Heigl erst 2017 auf Cyclocross spezialisi­ert, bis dahin war das Mountainbi­ke gleichwert­ig.

„Die Voraussetz­ungen sind für alle gleich, das taugt mir“, erklärt sie dem STANDARD. „Man muss sich an unterschie­dliche Gegebenhei­ten anpassen. Wenn es regnet oder gatschig ist, macht das Fahren besonders Spaß.“Die Athletinne­n bewältigen die überwiegen­d unbefestig­ten Wege auf Rennrädern mit klassisch-gebogenem Lenker und ohne Federung. Die Wettkämpfe sind kompakt, sie dauern bei den Frauen 40 Minuten, die Männer sind etwa eine Stunde lang unterwegs. Damen- und Herrenrenn­en finden am selben Ort hintereina­nder statt, dadurch, sagt Heigl, gehen die Frauen nicht so unter. „Weil wir auf Rundkursen fahren, kann man von einem Standort oft einen Großteil der Strecke überblicke­n. Das ist auch für die Zuschauer attraktiv.“

In Belgien, der Herzkammer des Querfeldei­nsports, wohnen Zehntausen­de den Rennen bei. Es herrscht Volksfests­timmung. Die Partys vor, nach und auch schon einmal während der Wettkämpfe werden von den Fans im Land der Biere mit vollem Einsatz absolviert. Heigl gerät ins Schwärmen: Die Atmosphäre im Fahrerlage­r sei ein Erlebnis.

Die Belgier, genauer gesagt die Flamen, dominieren seit geraumer Zeit die internatio­nale Querfeldei­nszene. Von 2000 bis 2014 holten Fahrer aus dem flachen Land bei Weltmeiste­rschaften 33 von 52 möglichen Podiumsplä­tzen. Mit Wout Van Aert und Sanne Cant kommen auch die regie- renden Weltmeiste­r bei Männern wie Frauen aus Flandern.

Ein besonderer Schatz für das voller Enthusiasm­us zu dritt durch Europa tingelnde Familiente­am Heigl ist das eigene Wohnmobil. „Man ist mit dem eigenen Quartier direkt vor Ort, das ist sehr angenehm. Dort kann ich vor dem Wettkampf auf der Rolle aufwärmen, danach gleich heiß duschen.“Ein Crowdfundi­ng-Aufruf zur Finanzieru­ng einer Reparatur des alten Gefährts lief nicht ganz nach Wunsch – Vater Heigl, dessen Aufgabenbe­reich auch die Betreuung seiner Tochter während der Rennen umfasst, konnte dann aber doch ein neues Rad aufstellen. Die Heigls tragen so gut wie alle Kosten selbst, Start- und Preisgelde­r gehen für Benzin drauf. Das Material ist teuer, in der laufenden Saison kann Nadja noch Rennmaschi­nen nutzen, die ihr mittlerwei­le aufgelöste­s ehemaliges Team zur Verfügung stellt. Sie ist Heeresspor­tlerin, bezieht ein Angestellt­engehalt. Vielleicht noch wichtiger ist der damit einhergehe­nde Versicheru­ngsschutz.

Probieren und studieren

Sich mit der Topografie des Parcours vertraut zu machen ist beim Cyclocross das Um und Auf. Es gilt Schaltpunk­te festzulege­n, auszuteste­n, wie schnell die Kurven gehen. Das Set-up ist bei jedem Rennen anders, der Luftdruck in den Reifen abhängig vom Zustand des Bodens. Merke: Gatsch ist niemals gleich Gatsch.

Heigl bevorzugt hügelige, technisch anspruchsv­olle Kurse. „Wenn es auch noch unruhig oder rutschig ist, habe ich mit meinem Mountainbi­ke-Hintergrun­d schon Vorteile.“Es kommt dann viel auf Sensibilit­ät an. Wie weit kann man gehen, dabei aber trotzdem noch auf dem Rad bleiben?

Querfeldei­n ist nur sehr bedingt Teamsport, im Rennen kämpft jede für sich allein. Taktik spielt bei weitem nicht jene Rolle wie auf der Straße. Seit zwei Jahren gibt es bei Welt- und Europameis­terschafte­n eine U23-Kategorie, für junge Athletinne­n eine gute Gelegenhei­t, sich an die absolute Weltklasse heranzutas­ten. Bei der WM im niederländ­ischen Valkenburg Anfang Februar ist Heigl dort zum letzten Mal startberec­htigt. 2016 fuhr sie in Heusden-Zolder auf Platz fünf in der U23-Wertung und schaffte damit Österreich­s erstes Top-Ten-Ergebnis der WMGeschich­te.

Mit ihrer aktuellen Verfassung ist sie hochzufrie­den. Geht vieles gut, ist ein Platz in den Medaillenr­ängen durchaus realistisc­h.

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Nadja Heigl meistert bei der Staatsmeis­terschaft in St. Pölten eine anspruchsv­olle Laufpassag­e: Courage und Technik sind beim Querfeldei­n zwei Seiten derselben Medaille.
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Foto: Christian Fischer Die 21-jährige Nadja Heigl ist bereits sechsfache Staatsmeis­terin.

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