Kritik aus den Parteien an Pilz-Rückkehr ins Parlament
Klubmitglieder erklären, Mandatsverzicht komme nicht infrage
Wien – Die angekündigte Rückkehr von Listengründer Peter Pilz, der Anfang November aufgrund von Vorwürfen der sexuellen Belästigung auf sein Mandat im Parlament verzichtet hat, stößt auf harsche Kritik bei den anderen Parteien. SPÖ-Chef Christian Kern erklärt, solange die Vorwürfe gegen Pilz im Raum stünden und nicht aufgeklärt seien, „tut er sich, seiner Liste und dem Parlament nichts Gutes. Ich würde ihm davon abraten.“Seine Rechtfertigungsversuche seien letztklassig gewesen.
Für FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky ist Pilz ein „Justizflüchtling“: Denn der Ex-Grüne habe offene Verfahren – etwa wegen übler Nachrede, des Verdachts der Verleumdung oder wegen verbotener Veröffentlichung. Durch den Wiedereinzug würde Pilz erneut die parlamentarische Immunität erlangen und sich damit den Verfahren entziehen.
Neos-Boss Matthias Strolz erklärte ebenfalls, solange Pilz die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht ausgeräumt habe, hätte er im Hohen Haus „nichts zu suchen – das sage ich als Vater von drei Töchtern und als Bürger dieser Republik“.
Obwohl sich der Klub am Wochenende „einstimmig und ein- vernehmlich“für Pilz’ Rückkehr ausgesprochen hat, die bis Sommer, aber auch länger dauern könne, mehren sich dort bereits Stimmen, dass für einzelne Abgeordnete ein Mandatsverzicht nicht infrage komme. Bruno Rossmann zum STANDARD: „Ich werde nicht gehen.“Er wolle kein Budgetsprecher auf Abruf sein, dies täte weder seiner Arbeit noch seinem Standing als Budgetexperte gut.
Ähnlich Martha Bißmann: Sie sei die Einzige im Klub mit Erfahrung im Bereich Umwelt – und derzeit wolle dort niemand sein Mandat aufgeben. (red)
Wien – Peter Pilz steht vor einem Gebäude im sechsten Wiener Bezirk und freut sich: Er hat Räumlichkeiten für seine Partei, die Liste Pilz, und deren neu zu gründende Bildungseinrichtung gefunden. Hier soll nicht nur der Thinktank Quartier finden, hier soll auch das neue Online-Medium, das Pilz gründen will, produziert werden. Noch mehr freut sich Pilz aber darüber, dass er wieder Abgeordneter werden wird. Absolut alle im Klub hätten sich für seine Rückkehr ins Parlament ausgesprochen. „Ich bin sehr zufrieden“, sagt er, „das tut mir gut. Eine gute Entwicklung.“
Wann er wieder ins Parlament kommt, das sei noch offen. Das werde in aller Ruhe besprochen und vorbereitet. Dafür sei der Klub zuständig, er selbst sei in dieser Frage nicht initiativ. Sagt er.
Pilz will sich erst einmal um die Eurofighter kümmern, hier sei Gefahr im Verzug. In Deutschland kaufe sich Hersteller-Nachfolger Airbus aus dem Verfahren, in Österreich drohe Ähnliches. Die Republik muss wieder einmal gerettet werden. Er könne es nicht zulassen, dass sich ÖVP und FPÖ von Airbus kaufen lassen.
Keiner will verzichten
Um den politischen Kleinkram kümmern sich erst einmal die Abgeordneten im Klub. Offiziell verkündeten Klubobmann Peter Kolba und Abgeordneter Alfred Noll am Wochenende zwar, dass sich alle acht Mandatare „einstimmig und einvernehmlich“für Pilz’ Rückkehr ausgesprochen haben.
Doch seitdem ist auch klar, dass jemand auf sein Mandat verzichten muss, sobald Pilz sein Comeback im Parlament feiern will. Nur Kolba, der über die niederösterreichische Liste ins Hohe Haus eingezogen ist, und Daniela Holzinger, die in Oberösterreich antrat, können fix im Nationalrat bleiben.
Doch der erste neue alte Weggefährte von Pilz, der Ex-Grüne Bruno Rossmann, stellt im STANDARDGespräch jetzt schon klar: „Ich werde nicht gehen.“Denn er möchte nicht Budgetsprecher auf Abruf für eine Liste oder Bewegung sein: „Das tut meiner Arbeit nicht gut – und das tut meinem Standing in der Öffentlichkeit als Experte für Verteilungsgerechtigkeit nicht gut.“Und überhaupt sei er – auf Einladung von Pilz – mit der Absicht angetreten, für eine ganze Legislaturperiode im Nationalrat zu arbeiten – wo er doch „bei den Grünen aufgehört“habe.
Wann Pilz konkret wieder in den Nationalrat will, ist ungeklärt – nach der Klausur hieß es, „noch bis zum Sommer“könne dieser Schritt erfolgen, oder aber auch länger dauern. Anfang November hat Pilz nach Vorwürfen wegen sexistischer und sexueller Belästigung auf sein Mandat verzichtet.
Im Hintergrund will Pilz zwar an einer restlosen Aufklärung der Causen im grünen Klub und in Alpbach arbeiten, doch klubintern wird auch befürchtet, dass die politischen Gegner die Angelegenheiten weiter aufkochen, sobald Pilz wieder in die erste Reihe tritt – und harsche Kritik an seiner bevorstehenden Rückkehr kam am Montag prompt auch schon von den anderen Parteien.
Neos-Chef Matthias Strolz sagte etwa: „Ich finde, solange Peter Pilz diese Vorwürfe, die gegen ihn im Raum stehen, nicht ausgeräumt hat, so lange hat er in der Volksvertretung, im Hohen Haus nichts zu suchen.“Das sage er auch als Vater von drei Töchtern.
Rossmann meint jedenfalls: „Für mich ist eine Rückkehr von Peter Pilz dann eine gute Sache, wenn gleichzeitig die Vorwürfe gegen ihn ausgeräumt werden können.“
Das sieht auch Martha Bißmann so. Sie ist statt Pilz ins Parlament eingezogen. „Er muss sich jetzt erklären“, sagt sie über den Parteigründer. Bis zum Sommer habe er Zeit, um die Vorwürfe gegen ihn zu entkräften. „Ich vertraue ihm.“
Problem prolongiert
Sie selbst will jedenfalls auch nicht auf ihr Mandat verzichten. „Manche fänden das vielleicht logisch oder fair“, sagt Bißmann. Die Abgeordnete verweist aber darauf, dass mit ihr gleich viele Frauen wie Männer im Klub sitzen und dass sie die Einzige mit Erfahrung im Bereich Umwelt sei. Überhaupt fände sich derzeit niemand im Klub, der zugunsten von Pilz das Mandat aufgeben will. „Auch hier müssen wir eine Lösung bis zum Sommer finden.“
Ob ein Abgeordneter, der den Erinnerungsschwund von anderen Politikern angeprangert hat, wegen seiner Gedächtnislücken in eigener Sache noch glaubwürdig sein kann? Klubchef Kolba dazu: „Wenn Pilz das aufklären kann, dann ist die Situation wieder eine andere – und dann kann er sehr wohl wieder die anhaltenden Erinnerungslücken von jenen kritisieren, die nicht mehr wissen, was konkret ihre Leistung war.“
Dennoch gibt Kolba zu, dass die Optik, wenn eine weibliche Abgeordnete wegen Pilz auf ihr Mandat verzichten müsse, fatal wäre: „Das gehört zu den vielen schwierigen Fragen, denen wir uns stellen – und uns ist bewusst, dass uns das schlecht ausgelegt werden kann.“Wen immer es treffe, Arbeit sei demjenigen im Klub garantiert. Man habe ja quasi schon zwei Mandatare ohne Mandat – Tierschützer Sebastian Bohrn Mena und Frauenrechtlerin Maria Stern.