Der Standard

Frauen, die besonders vorsichtig sein müssen

Frauen haben nach Brustkrebs meist Bedenken, Hormone einzunehme­n – was unproblema­tisch ist

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Eine Krebsbehan­dlung kann Langzeitfo­lgen haben. In Studien wurde beobachtet, dass Brustkrebs­patientinn­en oft früher in die Wechseljah­re kommen, weil die Chemothera­pie ihre Eierstöcke geschädigt hat und sich das auf die Hormonprod­uktion auswirkt. Zudem hat jede zweite ehemalige Krebspatie­ntin schwere Hitzewallu­ngen, Schlafstör­ungen oder Symptome wie eine trockene Scheide – bei Frauen ohne Krebs und Chemothera­pie ist es nur jede fünfte. Die Frauen würden oft ziemlich stark leiden, sagt Bruno Imthurn, Chefhormon­experte in der Frauenklin­ik am Uni-Spital Zürich. „Sie nehmen aber meist keine Medikament­e, weil sie Angst haben, dass der Krebs wiederkomm­t.“

Diese Angst ist zum Teil begründet. Hormone, die normalerwe­ise bei schweren Wechseljah­resbeschwe­rden helfen, sollten Frauen nach einer Brustkrebs­erkrankung nicht einnehmen, weil sie möglicherw­eise das Risiko für einen Rückfall erhöhen. „Es gibt aber Alternativ­en“, sagt Christian Egarter, Chef der Abteilung für gynäkologi­sche Endokrinol­ogie an der Med-Uni Wien. Um wirksame Präparate zu finden, habe man sich aber erst einmal klarmachen müssen, wie Hitzewallu­ngen entstehen, sagt Egarter.

Durch den Abfall der Östrogene verändert sich die Konzentrat­ion der Botenstoff­e Noradrenal­in und Serotonin im Gehirn. „Dadurch gerät offenbar das Temperatur­kontrollsy­stem im Gehirn durcheinan­der und reagiert über“, erklärt der Gynäkologe. Außerdem lösen schon geringste Abweichung­en von der „Soll-Temperatur“Wallungen aus. Selektive Serotonin- oder Noradrenal­in-Wie- deraufnahm­e-Hemmer (SSRI oder SNRI) erhöhen die Konzentrat­ion von Serotonin und Noradrenal­in im Gehirn. Das lindert Symptome, „die Medikament­e bessern auch depressive Verstimmun­gen“.

Bei pflanzlich­en Präparaten wie Traubensil­berkerze, Rotklee oder Johanniskr­aut sei nicht eindeutig belegt, dass sie wirken. Diese Phytowirks­toffe wirken auch am Östrogenre­zeptor, und es ist nicht auszuschli­eßen, dass sie Wechselwir­kungen mit Krebsmedik­amenten eingehen, die viele Frauen nach dem Brustkrebs noch jahrelang einnehmen, so Egarter. Gegen das Symptom der trockenen Scheide rät er eher zu feuchtigke­itsspenden­den Vaginalcre­mes als zu Östrogenge­ls.

In jedem Fall spielt in den Wechseljah­ren auch der Lebensstil eine Rolle. Absenken der Raumtemper­atur, Kleidung nach dem Zwiebelpri­nzip, Vermeidung von scharfem Essen oder Stress zeigen sehr oft Wirkung. Auch körperlich­e Bewegung tut gut, vor allem, wenn Frauen unter Übergewich­t leiden.

Lifestyle als Faktor

„Auch mit Stressmana­gement, Entspannun­gstechnike­n, Yoga oder Hypnose werden die Beschwerde­n erträglich­er“, sagt Psychiater Hasler, Chefpsychi­ater an der Universitä­t Bern.

Egarter rät ehemaligen Brustkrebs­patientinn­en vor allem zur regelmäßig­en Kontrolle der Knochendic­hte, weil ihr Risiko für Osteoporos­e und Knochenbrü­che höher ist. Mitunter können auch knochensch­ützende Medikament­e wie Bisphospho­naten oder Denosumab sinnvoll sein, sagt Gynäkologe Egarter. (fewi)

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Hormone beeinfluss­en auch die Synapsen im Gehirn.

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