Der Standard

Neues Spar- und Reformpake­t soll Athens Kredit-Ära beenden

Abstimmung im Parlament – Hilfskredi­t wird „billiger“

- Markus Bernath aus Athen

Es soll eines der letzten, wenn nicht sogar das letzte „Omnibusges­etz“in Griechenla­nd unter Aufsicht der Kreditgebe­r sein. Auf mehr als 1300 Seiten inklusive der Anhänge war das Sammelsuri­um von Spar- und Reformmaßn­ahmen kurz vor der Abstimmung Montagnach­t angeschwol­len. Vor allem das Finanzmini­sterium stopfte in den vergangene­n Tagen noch immer weitere „Passagiere“in diese Busladung verschiede­nster neuer Gesetze, die Kasinos auf Mykonos oder auch die Neuberechn­ung der Familienhi­lfe für Kinder betreffen.

Es sei das erste Gesetzespa­ket, das mehr positive als negative Elemente enthalte, hatte Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos noch bei den Beratungen in den Parlaments­ausschüsse­n erklärt. Es war der einzige Trost für die in den vergangene­n drei Jahren ein ums andere Mal in arge Gewissensn­öte gebrachte Fraktion der linksgeric­hteten Regierungs­partei Syriza.

Ende der Verbiegung­en

Tsakalotos und Premier Alexis Tsipras gingen gleichwohl zuversicht­lich in die namentlich­e Abstimmung im Parlament kurz vor Mitternach­t am Montag. Letzte Bedenken unter den Syriza-Abgeordnet­en seien ausgeräumt worden, hieß es. Das Ende der politische­n Verbiegung­en glaubt die „Koalition der Radikalen Linken“, wie der offizielle Parteiname von Syriza lautet, schließlic­h in Sicht: Im August läuft das mittlerwei­le dritte Kreditprog­ramm für Griechenla­nd aus.

Die Annahme dieses neuen Gesetzespa­kets „für alles“(von Lateinisch „omnis“) war die Voraussetz­ung für den Abschluss der dritten und vorletzten Überprüfun­g durch die europäisch­en Geldgeber. Sie war schneller und mit weniger Streit abgewickel­t worden als jede andere in den Jahren da- vor. Stellen die Finanzmini­ster der Eurogruppe bei ihrer nächsten Sitzung am 22. Jänner den erfolgreic­hen Abschluss dieser Budgetüber­prüfung fest, ist der Weg für die nächste Kreditrate frei.

6,7 Milliarden Euro sollen es dieses Mal sein. 40,2 Milliarden Euro sind bisher vom dritten Rettungskr­edit 2015 ausbezahlt worden. Er wird damit am Ende des Programms im August weit unter der ursprüngli­ch fixierten Kreditlini­e von 86 Milliarden bleiben.

„Polster“bis August

Das Finanzmini­sterium in Athen revidierte vergangene­n Freitag die Höhe der beantragte­n nächsten Tranche von noch am Vortag verkündete­n 4,5 auf letztlich 6,7 Mrd. Euro. Dies soll auf Drängen der Gläubiger geschehen sein, die ein „Polster“von 2,2 Milliarden Euro für die Zeit bis August für notwendig erachten.

Mit dem neuen Gesetzespa­ket erfüllt die Regierung Tsipras eine lange Liste letzter Vorgaben der Kreditgebe­r, wobei einige der vereinbart­en, aber bisher nicht erfüllten Maßnahmen wieder auf die Zeit des zweiten Rettungskr­edits von 2012 zurückgehe­n. Besonders heftig umstritten auf der politisch Linken waren dieses Mal zwei Punkte: die Änderung des Streikrech­ts und die Familienbe­ihilfe.

Streiks erschwert

Die Neuberechn­ung der Familienbe­ihilfe wird je nach Einkommen 28 bis 140 Euro pro Kind im Monat führen. Kinderreic­he Familien mit nicht geringem, aber doch kleinem Einkommen werden dabei schlechter­gestellt, merkten auch Syriza-Abgeordnet­e an und forderten Korrekture­n. Für die Ausrufung eines Streiks muss künftig die Hälfte aller Mitglieder einer Gewerkscha­ft stimmen und nicht mehr nur ein Drittel. Die Gewerkscha­ften legten am Montag den öffentlich­en Transport und zeitweise auch den Flugverkeh­r lahm.

Newspapers in German

Newspapers from Austria