LESERSTIMMEN
Weinerlicher Text
Betrifft: „Der Terror der TugendboldInnen“von Christoph Prantner
der Standard, 13./14. 1. 2018 Als Mitglied der ITT (Internationale TugenboldInnen Terrorgruppe) und Vorsitzender des Aktionskomitees gegen Monty-PythonMissbrauch protestiere ich auf das Schärfste gegen den Missbrauch des Monty-Python-Inquisitionssketches für einen derartig larmoyanten Essay. Alexander Wandruszka per Mail
Angst und Anbraten
Mir brennen die Augen nicht, und mir kommen auch angesichts des Textes von Catherine Deneuve, Catherine Millet usw. nicht die Tränen – weder der Verzweiflung noch des Mitleids.
Denn – wie Christoph Prantner richtig schreibt – bedeutet Erwachsensein auch das Aushalten von Ambivalenzen und vor allem von anderen Perspektiven, ohne in Tränen auszubrechen. Diesen patenten, selbstbewussten Frauen ein „erbärmliches Bild von Sexualität“zu unterstellen ist schon ein starkes Stück. Bei allen emanzipatorischen Effekten, die die #MeToo-Debatte haben könnte, stelle auch ich ein Denunziantentum, eine unsympathische Rechthaberei und Selbstgerechtigkeit fest, vor allem auch eine enorme Verallgemeinerung. Insofern ein großes Dankeschön an den Standard für die Beiträge von Herrn Prantner und auch für das Interview mit dem Philosophen Alexander Grau.
Natürlich ist ein schiefgegangener Verführungsversuch nicht mit sexueller Gewalt gleichzusetzen, und jede Frau bestimmt selbst ihre Grenze. Doch sollen nun Frauen und Männer bei jedem Anbandeln das Tun und den Körper ausschalten und vorher fragen, ob das eh alles okay ist? Denn wenn man keine Belästigung mehr will – und als das kann nun mal jeder Versuch der sexuellen Annäherung gedeutet werden –, dann darf es keine Verführungsversuche mehr geben. Was für eine eigenartige, imaginierte Welt, so prüde und enterotisiert, glattgebügelt und normiert.
Und sind denn nur Männer jene, die Sex wollen, Frauen nicht? Haben nicht auch Frauen sexuelle Macht? Diese Viktimisierung von Frauen, die in allen Fällen den Schutz von Vater Staat brauchen würden, stört auch mich. Die wahre weibliche Autonomie würde bedeuten, dass man sich in einer unangenehmen Situation direkt zur Wehr setzt, und wenn man das nicht kann, haben wir glücklicherweise die Möglichkeit, zur Polizei zu gehen, wo einer Betroffenen eine Polizistin zur Verfügung gestellt wird.
Die Prinzipien des Rechtsstaates wie Opferschutz, Verjährung, Unschuldsvermutung, Anhörung der Beschuldigten sind gerade in Zeiten der sozialen Medien, wo eine Sau nach der anderen durchs Dorf gejagt wird, so wichtig wie schon lange nicht mehr. Jeder kann schuldig werden, niemand ist davor gefeit, Unrecht zu tun, auch die gute Tugendwacht nicht. Eva Maria Bachinger
per Mail