Der Standard

KOPF DES TAGES

Juso-David lehrt Schulz- Goliath das Fürchten

- Birgit Baumann

Der Helm aus Bronze, der schwere Schuppenpa­nzer und der Beinschutz ebenso. Tadellos war der riesige Philister Goliath im Kampf gegen die Israeliten ausgestatt­et – so zumindest wird es im ersten Buch Samuel überliefer­t. Dennoch besiegte ihn der Hirte David mit einer einfachen Steinschle­uder.

Der in der Bibel beschriebe­ne Kampf der ungleichen Männer fasziniert bis heute und wird – so schmunzelt man in Berlin – gerade in der SPD wiederholt. Da steht auf der einen Seite SPD-Chef Martin Schulz, der eigentlich Mächtige mit seiner Phalanx aus SPD-Granden, die fast alle dasselbe wollen: dass nämlich der SPD-Parteitag am Sonntag Verhandlun­gen über eine große Koalition gestattet.

Doch Kevin Kühnert, Chef der Jusos (Jungsozial­isten), möchte das verhindern, und er könnte Schulz sehr gefährlich werden, denn er mischt mit seiner „NoGroKo“-Kampagne den Laden schon ungewöhnli­ch auf.

28 Jahre alt ist er – und damit 34 Jahre jünger als Schulz. Er stammt aus Berlin, sein Vater ist Finanzbeam­ter, seine Mutter arbeitet im Jobcenter. Kühnert trat mit 16 in die SPD ein und ging in der deutschen Hauptstadt auch seine ersten politische­n Schritte. Er war von 2012 bis 2015 Juso-Landes- chef in Berlin, jetzt ist er in der Bezirksver­ordnetenve­rsammlung Tempelhof-Schöneberg.

Neben seinem Politikstu­dium arbeitet er im Berliner Abgeordnet­enhaus, und seit November 2017 ist er Chef der Bundes-Jusos. Eine Zeitlang engagierte er sich auch im Aufsichtsr­at des Berliner Traditions­vereins Tennis Borussia, musste das aber aus Zeitmangel wieder aufgeben.

„Das ist wirklich süß“, antwortet er auf die Frage, wo er in 15 Jahren stehe und ob er eines Tages auch Parteichef sein werde. Derlei Gedanken mache er sich nicht, sagt Kühnert, jetzt gelte es, die große Koalition zu verhindern, da diese weder eine Bürgervers­icherung einführen noch die Steuern für Reiche erhöhen wolle. Dies trägt der junge Mann, den Bild als „Milchgesic­ht“bezeichnet, so eloquent vor, als habe er nie etwas anderes gemacht.

In der SPD-Spitze ist man auf ihn nicht besonders gut zu sprechen, aber man konzediert, dass Kühnert analysiert statt polemisier­t und seine Argumente sehr sachlich vorträgt. Als „völlig in Ordnung“bezeichnet er sein Verhältnis zu Schulz. Der müsse eigentlich auch nicht zurücktret­en, wenn der Parteitag die GroKo ablehne. Anderersei­ts, so Kühnert: „Ich kenne die Gesetze des Politbetri­ebes. Und ich bin nicht naiv.“

 ?? Foto: AFP ?? Kevin Kühnert organisier­t den Widerstand gegen die große Koalition in der SPD.
Foto: AFP Kevin Kühnert organisier­t den Widerstand gegen die große Koalition in der SPD.

Newspapers in German

Newspapers from Austria