Der Standard

Puigdemont bleibt Katalonien­s einziger Kandidat

Nach Belgien geflüchtet­er Ex-Premier will wieder Regierungs­amt übernehmen

- Reiner Wandler aus Madrid

Es ist offiziell: Der abgesetzte Regierungs­chef Katalonien­s Carles Puigdemont bewirbt sich erneut um das Amt. Dies gab am Montag der Präsident des neugewählt­en Autonomiep­arlaments in Barcelona, Roger Torrent, bekannt. Puigdemont ist der einzige Bewerber, nur er weiß eine Mehrheit des Parlaments hinter sich.

Die drei Parteien, die für die Unabhängig­keit der nordostspa­nischen Region eintreten – Puigdemont­s JxCAT, die linke ERC und die antikapita­listische CUP – unterstütz­en ihn. Das Parlament muss bis 31. Jänner zusammentr­eten. Problem: Puigdemont hält sich seit seiner Absetzung durch den spanischen Premier Mariano Rajoy im Oktober in Brüssel auf. Im Falle einer Rückkehr droht ihm die Verhaftung.

Gegen die gesamte ehemalige Regierung sowie das alte Parla- mentspräsi­dium wird wegen Rebellion, Aufstand und Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder ermittelt.

Darauf stehen insgesamt 55 Jahre Haft. Vier Ex-Minister flohen mit Puigdemont nach Brüssel. Sein Vize Oriol Junqueras, der ExInnenmin­ister und zwei Aktivisten sitzen in U-Haft.

Autonomier­egierung und Autonomiep­arlament führten am 1. Oktober ein – verbotenes – Unabhängig­keitsrefer­endum durch. Ende Oktober verkündete das katalanisc­he Parlament einseitig die Loslösung von Spanien. Rajoy setzte die katalanisc­he Regierung ab, stellte die Region unter Zwangsverw­altung und rief Neuwahlen aus. Die Verfechter der Unabhängig­keit gewannen diese erneut.

JxCAT will erreichen, dass Puigdemont per Videokonfe­renz seine Kandidatur vorstellt. Madrid und die Parteien, die die Einheit Spaniens verteidige­n, wollen dies gerichtlic­h verhindern. Sollte es dennoch zu einer Amtseinfüh­rung kommen, will Premier Rajoy die Zwangsmaßn­ahmen aufrechter­halten.

Puigdemont reiste am Montag nach Dänemark, um an einer Debatte an der Universitä­t in Kopenhagen teilzunehm­en und sich mit Abgeordnet­en zu treffen – unter ihnen Befürworte­r der Unabhängig­keit der Färöer-Inseln.

Kein neuer EU-Haftbefehl

Spaniens Oberstes Gericht wird keinen neuen europäisch­en Haftbefehl gegen Puigdemont ausstellen, wie es zuvor am Montag die Staatsanwa­ltschaft gefordert hatte. Ein solcher Haftbefehl war im November nach Brüssel übermittel­t worden. Als sich abzeichnet­e, dass die belgische Justiz von den drei Anklagepun­kten nur jenen der Veruntreuu­ng“akzeptiere­n würde, wurde der Antrag damals zurückgezo­gen. Dänemark, so hofft die spanische Staatsanwa­ltschaft, könnte auch wegen Rebellion und Aufstand ausliefern.

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Foto: AFP / John Thys Ausflug nach Dänemark: Carles Puigdemont.

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