Verdächtiger Rekrut enthaftet
Dringender Tatverdacht in Richtung Mord weggefallen
Wien – Im Fall des am 9. Oktober 2017 in einer Wiener Kaserne erschossenen Rekruten ist am Montag der tatverdächtige 22-Jährige vom Wiener Landesgericht für Strafsachen auf freien Fuß gesetzt worden. Begründet wurde das mit dem Wegfall des dringenden Tatverdachts in Richtung Mord.
Der zuständige Haftrichter ging demnach nur mehr vom Verdacht auf grob fahrlässige Tötung aus und hielt nach über dreimonatiger U-Haft eine weitere Inhaftierung des bisher unbescholtenen 22Jährigen für nicht angemessen. An die Enthaftung wurden zwei Auflagen geknüpft. Der junge Mann verpflichtete sich, keine berufliche Tätigkeit beim Bundesheer mehr auszuüben. Außerdem wurde ihm per Weisung der Umgang mit Schusswaffen untersagt.
Erinnerung kam zurück
Die juristischen Vertreter des jungen Mannes hatten den Vorfall immer als Unfall dargestellt und auch entsprechende Gutachten präsentiert. Um zu klären, was in dem Wachcontainer vor drei Monaten tatsächlich geschah, wurde der junge Mann vergangene Woche für eine Tatrekonstruktion von der Justizwache zum Tatort gebracht, wo ihm – abgeschirmt von der Öffentlichkeit – Gelegenheit geboten wurde, den Geschehensablauf zu erklären. Im Anschluss wurde der Verdächtige vom Staatsanwalt, dem Gerichtsmediziner und einem Schießsachverständigen eingehend befragt.
Bisher bekannt war, dass der Verdächtige am 9. Oktober gemeinsam mit dem späteren Opfer und einem weiteren Wachkommandanten seinen 24-StundenDienst angetreten hatte. Sieben Stunden später fiel im Ruheraum des Wachcontainers in der Vorgartenstraße in Wien-Leopoldstadt der Schuss, bei dem der 20jährige Wiener in den Kopf getroffen wurde und starb. An den Tathergang konnte sich der Verdächtige bis dato nicht erinnern – beim Lokalaugenschein änderte sich das offenbar: Der junge Mann gab an, er hätte den schlafenden 20Jährigen wecken wollen. Er sei dabei gestolpert und hätte sich am Abzug seines Sturmgewehrs festgehalten, worauf es krachte.
Nun liegt der Ball bei der Staatsanwaltschaft Wien – dort will man auf jeden Fall eine Beschwerde gegen die Empfehlung des Haftrichters einbringen, sagt Sprecherin Nina Bussek. (lhag, APA)