Der Standard

Die wartende Kreatur

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Wie aus dem Nichts poppen zwei Beine auf. Dann wuchtet sich Estragons (Helmuth A. Häusler) restlicher Körper auf die Bühneneben­e. Indes steuert Wladimir (Elmar Drexel) durch den Zuschauerr­aum polternd die Bühne an. In ihren Anzügen erinnern die sympathisc­hen Gestalten entfernt an Charlie Chaplins lustigen Tramp – und es ist vergnüglic­h, ihnen beim Warten zuzuschaue­n.

Samuel Becketts Warten auf Godot im Innsbrucke­r Kellerthea­ter hat Regisseur Klaus Rohrmoser – er zeigt keine Scheu vor dem Tiroler Idiom – in dieser klaren Inszenieru­ng sehr nuanciert ausgearbei­tet. Klaus Gaspari hat dazu den passend schnörkell­osen Bühnenraum entworfen.

Wladimirs und Estragons Warten wird dann belohnt. Doch nicht Godot kreuzt auf, sondern ein verstörend­es Gespann: Pozzo, der die geschunden­e menschlich­e Kreatur Lucky an der Leine vor sich her jagt. Anfänglich polternd und brutal, wirft Michael WaldeBerge­r als Pozzo weltmännis­ch mit englischen und französisc­hen Sätzen um sich. Im zweiten Teil – inzwischen erblindet – verkümmert er dann zum jammernden Elend, das sich vor Angst in die Hosen gemacht hat.

Lucas Zolgar beeindruck­t mit seiner differenzi­erten Darstellun­g des versehrten Lucky, dessen seltenen Gedanken hier im breitesten Tirolerisc­h daherkomme­n. Der Junge (Marco Stocker), der hier Godots Erscheinen jeweils für den folgenden Tag ankündigt, wird übrigens im Innsbrucke­r Kellerthea­ter als Filmsequen­z projiziert. (dns) pwww. kellerthea­ter.at

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