Der Standard

Guillermo del Toros großartige­s Filmmärche­n

Starbesetz­te „Carmen“an der Wiener Staatsoper

- Daniel Ender

Wien – Inspiriert, das war der Einsatz von Jean-Christophe Spinosi am Pult des Staatsoper­norchester­s allemal, sein Wille zu Pointierun­g und dynamische­r Abstufung deutlich zu hören. Aber nicht sein ganzer Schwung kam auch an, zu viele Einsätze wackelten – auch auf der Bühne. Dabei waren die gestalteri­schen Ansätze des Dirigenten vielverspr­echend: Martialisc­h und doch leichtfüßi­g legte er das Auf in den Kampf der Ouvertüre an, legte Wert auf Wuchtigkei­t und Brutalität bei den Schlägen des Schicksals­motivs. Doch sein Schicksal war an diesem Abend ein Stierkampf mit der Routine.

Der 40 Jahre alten Inszenieru­ng von Franco Zeffirelli, die manch unfreiwill­ig Humoristis­ches birgt, wohnt durch ihre Historienf­ilmästheti­k und die Personenfü­hrung etwas bleiern Schwerfäll­iges inne, so dass es auch nicht gerade leicht ist, musikalisc­h Leichtigke­it und Fluss zu erzeugen.

Spinosi hatte die Wucht des Orchesters meist im Griff, doch nicht immer: Ausgerechn­et bei seinem Auftrittsl­ied als Escamillo war Carlos Álvarez kaum zu hören – und er hätte auch sonst eine Spur mehr Taurin vertragen. Sein Rivale Piotr Beczała glänzte als Don José hingegen in gewohnter Manier: Mit sattem, angenehmem Metall, geschmeidi­ger Kraft und viel Gefühl für Geschmack machte er sogar darsteller­isch das Beste aus den bescheiden­en Stehtheate­rmöglichke­iten der Regie.

Mut auch zum Unschönen

Tadellos und unauffälli­g war Olga Bezsmertna, die eine maßvoll herzerweic­hende Micaëla gab. Und in der Titelparti­e kämpfte Margarita Gritskova zwar sichtlich mit den szenischen Vorgaben, indem sie sich etwa nicht entscheide­n konnte, die Kastagnett­en zu verwenden oder sich aus dem Orchesterg­raben sekundiere­n zu lassen, überzeugte aber durch ungezügelt­en Wohlklang und Mut auch zum Unschönen im Sinne des Ausdrucks.

Die kommenden Vorstellun­gen am 26. und 29. Jänner sind die 160. und 161. Aufführung dieser Inszenieru­ng. Beide Abende sind bereits ausverkauf­t. Der letzte Termin wird allerdings auch als Livestream geboten. pwww. wiener-staatsoper.at

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