Der Standard

Der Durchbruch mit Zahnspange und Sportbrill­e

Australian Open: Chung trifft im Halbfinale Federer

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Melbourne – Es ist eine Laune des Tennis, das ab und zu die Verlierer im Mittelpunk­t stehen. Geschehen bei den Australian Open. Tennys Sandgren aus den USA las nach seiner Viertelfin­alniederla­ge gegen den Südkoreane­r Chung Hyeon ein vorbereite­tes Statement vor. Der 26-Jährige war von US-Medien in die Nähe von Homophobie und Rechtsextr­emismus gerückt worden, als Beweis wurden mehrere mittlerwei­le gelöschte Tweets vorgelegt. Und nun las Sandgren in Melbourne von einem Blatt Papier ab: „Mein Ziel ist es, die beste Person zu werden, die ich sein kann. Und die Liebe zu verkörpern, die Christus für mich hat. Ihm und nur ihm alleine lege ich Rechenscha­ft ab.“Seine Landsfrau Serena Williams reagierte indirekt, aber vielsagend auf den Fall. Unmittelba­r vor Beginn der TV-Übertragun­g des Viertelfin­ales twitterte Williams: „Switched channel.“

Der 21-jährige Chung hat auch zur Freude von Williams gegen den Bezwinger von Dominic Thiem 6:4, 7:6 (5), 6:3 gewonnen, er füllt in der Heimat die Titelseite­n, die in zweieinhal­b Wochen beginnende­n Winterspie­le verkommen zur Randnotiz. Chung hatte zuvor schon Alexander Zverev und Novak Djokovic verabschie­det. Als Bub hatte er Talent für Taekwondo, „ich habe mich zum Glück für Tennis entschiede­n“. Noch nie ist ein Südkoreane­r im Halbfinale eines GrandSlam-Turniers gestanden. Die wunderbare Reise könnte freilich von Roger Federer gestoppt werden. Der 36-jährige Maestro hat Tomas Berdych geschlagen, ist im Turnier ohne Satzverlus­t, spielt erst zum 14. Mal um den Einzug ins Finale. Federer freut sich auf Chung. „Ich kenne diese Jungs kaum, aber ich mag sie. Neue Namen sind toll für die Tour.“

Eine Wand

Ob Chung die Reife besitzt, um den Titelverte­idiger zu fordern, erscheint fraglich. Das Spiel dazu besitzt der junge Mann mit der Zahnspange und der Sportbrill­e allemal, das ahnt auch Federer. „Er hat gegen Djokovic mächtig beeindruck­t, eine Wand. Ich könnte gar nicht sagen, wie ich gegen ihn spielen muss.“Das ist für den Weltrangli­sten-58. die große und einzige Chance. Sein Trainer Neville Godwin sagt: „Wir wissen, was gegen Federer zu tun ist. Zumindest theoretisc­h.“(red, sid)

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