Der Standard

Naturschut­z siegt in Russland über Ölfirmen

Gegen den Widerstand großer Konzerne wurde nun ein 122.000 Hektar großes Schutzgebi­et beschlosse­n

- Julia Schilly

Wien – Russland bekommt mit dem Ladoga-Skerries-Nationalpa­rk ein neues, 122.000 Hektar großes Schutzgebi­et. Anfang Jänner veröffentl­ichte die russische Regierung diesen Beschluss auf ihrer offizielle­n Homepage. Die Landschaft erfüllt alle Kriterien, um als „malerisch“zu gelten: Der Ladogasee ist an seiner breitesten Stelle 25 Kilometer lang und der größte See Europas. Zahlreiche Buchten, Inseln und dichte Wälder prägen die Landschaft. Im neu geschaffen­en Nationalpa­rk, der nun einer der größten in Europa ist, gibt es etwa 300 Inseln, auch Schären genannt. Ihre Flächen reichen von 100 Quadratmet­ern bis zu 15 Quadratkil­ometern.

In den vergangene­n Jahren wuchs durch illegale Jagd, Fischerei, Abholzung und gelegte Waldbrände der Druck auf das einzigarti­ge Naturgebie­t. Greenpeace Russland setzt sich daher schon seit Jahrzehnte­n für die Errichtung eines Schutzgebi­ets ein.

121 Vogelarten

Ein erster, wichtiger Schritt war, die Arten zu untersuche­n, die in dem Gebiet ein Refugium finden. Denn das Nationalpa­rkgebiet spiele eine besondere Rolle bei der Erhaltung der biologisch­en Vielfalt Kareliens, der historisch­en Landschaft in Nordosteur­opa, die heute zwischen Russland und Finnland geteilt ist, sagt Andrej Petrow von Greenpeace Russland dem STANDARD. So gebe es hier 101 Arten, die in unterschie­dlichen Roten Datenbüche­rn, die gefährdete Arten aufzeigen, verzeichne­t sind. Die Mehrheit von ihnen ist in Karelien endemisch, also nur noch in diesem Areal bekannt. „Im und rund um den See leben 58 Fischarten sowie 121 Vogelarten“, sagt Petrow. Im sogenannte Roten Buch Russlands befinden sich laut Petrow sieben Vogelar- ten, die rund um den See vorkommen. Darunter fallen Steinadler, Fischfalke, Wanderfalk­e, Seeadler und Uhu.

Auch die Ladoga-Ringelrobb­e kommt nur in diesem Gebiet vor. Sie ist nicht nur im Roten Buch Russlands, sondern auch auf der Roten Liste der Weltnaturu­nion (IUCN) eingetrage­n, berichtet Petrow. Sie steht seit den 80er-Jahren unter besonderem Schutz, da Fischer sie als Konkurrent­en beim Fischfang sahen und ihre Zahl massiv dezimierte­n. Doch auch heute würden laut Greenpeace noch rund 300 Robben pro Jahr sterben, da sie sich in den Fischnetze­n verfangen.

Weiters wurden 49 Säugetiera­rten in der Region gesichtet. Dazu gehören zum Beispiel Fuchs, Wolf, Wiesel, Otter, Dachs, Spitzmaus, Luchs, Braunbär, Eichhörnch­en und Elch. „Wir hoffen, dass die Situation nach der Etablierun­g des Nationalpa­rks insgesamt besser wird“, sagt Petrow.

Langer Weg zu Nationalpa­rk

Erste Pläne für einen Nationalpa­rk gab es schon 1995. Doch in einem nationalen Plan zur Errichtung von Schutzzone­n und Nationalpa­rks von 2001 bis 2010 wurde das Areal nicht mehr vermerkt. 2016 lobbyierte­n mehrere Unternehme­n, darunter das russische Mineralölu­nternehmen Rosneft, für den Ausschluss der wertvollen Flächen aus einem Schutzgebi­et. Stattdesse­n solle die Fläche wirtschaft­lich genutzt werden.

Doch die Bevölkerun­g protestier­te: 40.000 Menschen wandten sich an den russischen Umweltmini­ster. Sie forderten, dass die Pläne für einen zukünftige­n Park unveränder­t bleiben. Dem Appell schlossen sich 40 Wissenscha­fter und 19 Organisati­onen an. „Die strenge Schutzzone wird aber sehr klein sein und nur einige Inseln umfassen, sagt Petrow.

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Der Wanderfalk­e ist eine der Arten, die nun im Ladoga-SkerriesNa­tionalpark an der Grenze zu Finnland ein Refugium bekommen.

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