Zeichnen, um die Welt zu verstehen
Neue Grafikprofessur: Christian Schwarzwald
Wien – Von Gunter Damisch, dem 2016 verstorbenen Akademie-Professor, habe er „eine sehr gut geölte Maschine“übernommen, so Christian Schwarzwald. Die Klasse des Neoprofessors wird allerdings die kommenden drei Jahre wegen der Sanierung des Theophil-Hansen-Baus am Schillerplatz im Ausweichquartier der Kunstakademie im 20. Bezirk (Engerthstraße 119) arbeiten. Etwa in der Druckwerkstatt, wo die Studierenden sich verschiedenste Techniken – von Lithografie über Kaltnadelradierung bis zum Siebdruck – aneignen können. Es sei schließlich ein Handwerk, das man erlernen und perfektionieren müsse, betont der 1971 in Salzburg geborene Schwarzwald.
Obwohl seine Klasse für den kommenden Rundgang an der Akademie auch Werbeplakate produzierte, steht für Schwarzwald die Zeichnung im Zentrum: Für jedes Kind sei diese schließlich ein wichtiges Mittel, um die Welt zu verstehen, ja um „die Dinge zwischen Himmel und Erde zu ordnen“. Der Horizont ist diesem Ansatz entsprechend auch in der eigenen künstlerischen Arbeit ein wichtiges Moment. Denn: Die Gesellschaft sowie das Nachdenken über die Welt seien „horizontaler“– weniger hierarchisch – geworden.
Fast naheliegend, dass er in seinen in Installationen arrangierten Zeichnungen Kommunikationstechnologien wie Facebook thematisiert: Alle anderen hieß seine jeden Überblick irritierende Serie von 270 Porträtzeichnungen, die er von befreundeten oder berühmten Künstlern in unterschiedlichsten Techniken (Kohle, Bleistift etc.) realisierte. Das interdisziplinäre Medium Zeichnung dient ihm etwa auch dazu, Kommunikationssysteme zu untersuchen oder den Selfiewahn zu hinterfragen.
Punkt, Strich, Zeichen: Emoji
Für sein Projekt Stricher (2017) beschäftigten Schwarzwald jene Emojis, die man noch mit Punkten und Strichen darstellen kann. Die allgemeine Zugänglichkeit dieser jungen Zeichensprache und dass mit ihr durchaus Komplexes vermittelt wird, interessiert ihn. Sein Interesse für das Digitale führt dazu, dass seine Klasse nicht nur die traditionellen Drucktechniken lernt. Vielmehr soll auch auf dem Tablet gezeichnet werden, auf dass sich etwa zeige, wie sich das digitale Zeichnen entwickelt hat.
Es könne keine eindeutige Definition von Kunst geben, umreißt Schwarzwald eine Überzeugung, die auch sein Verständnis von Lehre prägt. Diese lasse sich ebenfalls nicht eindeutig festlegen. Was er will, ist, seinen Studierenden von Künstler zu Künstler begegnen, ihnen „Freiraum“gewähren, also Zeit und Raum zum Experimentieren. Der nötige Ernst für das Fach und das Beherrschen der Techniken gehören für ihn aber ebenso dazu wie die Auseinandersetzung mit (Kunst-)Theorie. Sie sei unerlässlich für das Verständnis unserer Welt und der Rolle, die Künstler in ihr spielen.