Rasputin und Überlegenheitsfanatiker
Zum Besuch des Spiritus Rector der extremen Rechten Russlands Alexander Dugin
Ein Kennzeichen vieler radikaler Bewegungen ist die semantische Transformation von Begriffen – neutrale Begriffe werden mit neuen Inhalten aufgeladen. Diese Sprachstrategie hat in der Vergangenheit zum Missbrauch von Wörtern wie „Lebensraum“, „Germanen“oder „Arier“geführt.
Alexander Dugin, Neofaschist und Denker der extremen Rechten in Russland, der dieser Tage in Wien Vorträge hält, nutzt ebendiese Sprachstrategie, um den Begriff „Eurasien“neu zu prägen. Er propagiert und missbraucht seit Anfang der 1990er-Jahre das geopolitische Konzept des sogenannten Neo-Eurasismus.
Dabei greift Dugin auf das Gedankengut der Ideologie der Migrantenbewegung nach der Oktoberrevolution zurück. Er versteht Eurasien als einen Kontinent, und er plädiert dafür, dass die geografische Ebene in eine politische umgewandelt wird – in Form eines Imperiums von Lissabon bis Wladiwostok unter der Führung Russlands. Seine Anschauung Eurasiens in Antagonismus zu einem Feind zielt auf einen Endkampf hinaus, der die gesamte Welt zerstören soll, damit ein Neuanfang für die Menschheit möglich ist.
Gegen „LGBT-Maniacs“
Dugin, dessen ideologischer Vater der „Rassentheoretiker“Julius Evola ist, versteht sich als visionärer Revolutionär, der eine neue Ära einleiten soll: ein Zeitalter ohne Liberale, Linke, Kapitalisten, Humanisten oder „LGBT-Maniacs“.
Nach der Gründung der Eurasia-Bewegung 2001, deren Verwandlung in eine Partei und den Anklang, den er besonders in der jugendlichen Subkultur Russlands findet, ist eine Bagatellisierung Dugins nicht mehr möglich. Oft als neuer Rasputin, als Überlegenheitsfanatiker oder als Witzfigur abgestempelt, hat er es geschafft, antiliberales Denken, extremen Nationalismus und Fundamentalismus in vielen Kreisen salonfähig zu machen.