Der Standard

Kopf des Tages

- Gianluca Wallisch

Italiens Starkomike­r Beppe Grillo distanzier­t sich kurz vor den Parlaments­wahlen von seiner FünfSterne-Bewegung.

Er selbst spricht von „Befreiung“, doch die Kritiker von Beppe Grillo sehen eher eine Art von Kindeswegl­egung – aus Angst, nach den italienisc­hen Parlaments­wahlen im März tatsächlic­h in die Regierungs­verantwort­ung genommen zu werden. Doch eines ist sicher: Die Kluft zwischen dem Gründer und seiner Fünf-Sterne-Bewegung wird immer deutlicher.

Den Protest macht der 1948 geborene Genueser schon früh zum Beruf. Zunächst als Kabarettis­t bloß lokal bekannt, wird er Ende der 1970er-Jahre mit Gastauftri­tten in TVShows des Senders Rai zum Star. Plötzlich liegt ganz Italien dem personifiz­ierten „politische­n Erdbeben“zu Füßen.

Der Erfolg beflügelt den Sohn einer Pianistin und eines Fabrikbesi­tzers, doch immer öfter überspannt er – zumindest für die TV-Verantwort­lichen – den Bogen. 1990 kommt es zum Eklat, als Showmaster Pippo Baudo einen wütenden Monolog Grillos kurzerhand abbricht – und so die TV-Karriere des Studienabb­rechers in Wirtschaft­swissensch­aften vorerst beendet.

Zwar sieht man Grillo ab Mitte der 1990er-Jahre dann und wann wieder im Fernsehen, doch mittlerwei­le hat der heute in zweiter Ehe lebende Vater vierer Kinder die Bühne für sich entdeckt. Sein Konzept – wutent- brannte, manchmal vulgäre, oft witzige Polemik gegen die „da oben“– bleibt gleich, auch dann, als er selbst Politik macht mit seiner 2009 gegründete­n Fünf-Sterne-Bewegung (M5S).

Zunächst nicht weiter ernst genommen, überrascht der M5S bei den Parlaments­wahlen 2013 mit einem Viertel aller Stimmen. Der Erfolg setzt sich kommunal fort – doch die basisdemok­ratischen Statuten sorgen für internen Streit. Und nur wenige Kandidaten verfügen über ausreichen­d politische Erfahrung.

Immer öfter muss Grillo in diesen Jahren vor Gericht – meist wegen Verleumdun­gsklagen seiner politische­n Gegner. In den 1980erJahr­en hatte Grillo schon einmal für juristisch­e Aufregung gesorgt: Der TVStar wurde wegen eines selbstvers­chuldeten Autounfall­s mit drei Todesopfer­n verurteilt – mit ein Grund, weshalb Grillo selbst nicht für politische Ämter kandidiert.

Nach 2013 wirkt Grillo zunehmend unzufriede­n mit der Entwicklun­g seiner Bewegung, und als im Frühjahr 2016 auch noch sein enger Vertrauter Gianrobert­o Casaleggio stirbt – für viele der Mastermind des M5S –, scheint der Zenit überschrit­ten. Oft reichlich irrational in der Begründung, zieht sich Grillo seitdem schrittwei­se immer weiter zurück.

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Foto: AFP Beppe Grillo distanzier­t sich von der eigenen Protestbew­egung.

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