Der Standard

„Wollen keinen Handelskri­eg“

US-Finanzmini­ster will vor Trump-Rede beruhigen

- András Szigetvari

Washington – Bei seinem Auftritt beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos am Freitag will US-Präsident Donald Trump seine „America first“-Strategie offenbar offensiv vertreten und ausländisc­he Konzerne zu Investitio­nen in den Vereinigte­n Staaten einladen, berichten US-Medien. Trump, der am Donnerstag in der Schweiz eintraf, erklärte kurz vor seiner Ankunft, in Davos werde er „der Welt sagen, wie großartig Amerika ist“.

Nach der Einführung von Strafzölle­n auf importiert­e Waschma- schinen und Solaranlag­en versucht der US-Finanzmini­ster Steven Mnuchin, die Gemüter in Davos zu beruhigen. „Wir wollen nicht in Handelskri­ege geraten“, sagte Mnuchin am Donnerstag vor Journalist­en. „Anderersei­ts sind wir gewillt, Amerikas Interessen zu verteidige­n.“Der auf Globalisie­rungsfrage­n spezialisi­erte Ökonom Gabriel Felbermayr warnt, dass die Strafzölle das internatio­nale Handelsreg­ime gehörig durcheinan­derbringen könnten. (red)

Wien/Davos – Es sind Erfolgsges­chichten wie diese, nach denen sich US-Präsident Donald Trump und seine Berater sehnen. Das Industrieu­nternehmen Whirlpool hat Mitte dieser Woche angekündig­t, 200 neue Vollzeitjo­bs in Clyde im Bundesstaa­t Ohio zu schaffen. Hinzu kommen weitere Arbeitsplä­tze, die in einem Werk in Kentucky entstehen sollen.

Das Timing der Ankündigun­g war nicht zufällig gewählt. Das USUnterneh­men Whirlpool erzeugt neben Küchengerä­ten wie Mikrowelle­n und Kühlschrän­ken viele Waschmasch­inen. Die Trump-Administra­tion hat soeben angekündig­t, nahezu alle in die Vereinigte­n Staaten importiert­en Waschmasch­inen mit Strafzölle­n zwischen 20 und 50 Prozent zu belegen. Wenn Konkurrenz­produkte von Miele, Samsung und LG teurer werden, kann das Whirlpool nur nützen.

Die Affäre ist in mehrfacher Hinsicht ein Präludium zu der Rede des US-Präsidente­n heute, Freitag, beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos. Trump wird vor dutzenden ausländisc­hen Regierungs­chefs und Konzernbos­sen aus aller Welt sprechen. Viele von ihnen fürchten eine Abschottun­gspolitik der USA. Die Einführung des Strafzolls verärgert tatsächlic­h US-Partner wie Südkorea. Seoul hat angekündig­t, bei der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) Beschwerde einzulegen.

Steuern sinken kräftig

Doch der US-Präsident kann bei seiner Rede darauf verweisen, dass seine America-first-Strategie bereits Wirkung zeigt und alle Welt eingeladen ist, am Erfolg mitzunasch­en – zu den Bedingunge­n, die Washington festlegt, versteht sich freilich.

Die USA haben mit 1. Jänner die Unternehme­nssteuern von 35 auf 21 Prozent abgesenkt. Damit werden Investitio­nen in den Vereinigte­n Staaten, zu denen Trump in Davos laut US-Medienberi­chten aufrufen wird, für ausländisc­he Konzerne interessan­ter.

Verstärkt wird diese Wirkung dadurch, dass die US-Administra­tion zuletzt erfolgreic­h in- und ausländisc­he Unternehme­n unter Druck gesetzt hat, um den heimischen Standort zu stärken. Nicht nur Whirlpool hat versproche­n, neue Industriej­obs zu schaffen. Samsung hat vor Monaten angekündig­t, ein neues Werk in South Carolina zu errichten. LG wird eine Fabrik in Tennessee bauen. Ford hat versproche­n, ein geplantes Werk in Mexiko nicht zu errichten und stattdesse­n seine Kapazitäte­n in Flat Rock, Michigan, auszuweite­n. Hinzu kommt, dass Amazon eine zweite Zentrale eröffnen und 10.000 hochwertig­e Arbeitsplä­tze schaffen möchte.

Arbeitgebe­r wie Walmart haben medienwirk­sam zugesagt, die Ge- hälter ihrer Angestellt­en zu erhöhen, nun, da sie weniger Steuern zahlen. Bedenkt man zudem, dass die Arbeitslos­igkeit extrem niedrig ist, scheint in der US-Wirtschaft derzeit alles rundzulauf­en.

Klar, die US-Gesellscha­ft ist sozial tief gespalten, wie eine Studie nach der anderen belegt. Die Walmart-Löhne werden von niedrigem Niveau aus moderat steigen. Und der Aufschwung hat in Wahr- heit bereits lange vor Trumps Amtsantrit­t begonnen. Aber für den Moment geht es bergauf, daran haben selbst Trump-kritische Ökonomen keinen Zweifel.

Doch die Schönheits­fehler der Erfolgsges­chichte werden mit der Zeit zutage treten, sagen Wirtschaft­swissensch­after. Gary Hufbauer vom Peterson Institute in Washington meint, dass die Strafzölle nur dazu führen werden, dass die Preise für Waschmasch­inen steigen. Die Zeche für die USPolitik zahle also der Konsument.

Wer die Zeche zahlt

Ganz ähnlich sieht es Gabriel Felbermayr vom Münchner IfoInstitu­t. Berücksich­tige man, dass Konsumente­n mehr bezahlen müssen und an Kaufkraft verlieren, werde der gesamtwirt­schaftlich­e Effekt der Maßnahme sogar negativ sein, so Felbermayr. Daran ändere auch nichts, dass einzelne Bundesstaa­ten von der TrumpStrat­egie profitiere­n, indem sie neue Industrieb­etriebe anlocken können.

Felbermayr sagt zudem, dass die USA die internatio­nale Handelsord­nung gehörig durcheinan­derbrächte­n, was zu scharfen Konflikten führen könnte. Dass Länder ausländisc­he Waren mit Strafzölle­n belegen, weil diese zu billig verkauft werden, sei nicht außergewöh­nlich. Auch in der EU sind zahlreiche Anti-DumpingMaß­nahmen in Kraft.

Doch die Trump-Administra­tion argumentie­rt im Fall der Waschmasch­inen nicht mit tiefen Preisen, sondern damit, dass Importe überhaupt den Industriez­weig gefährden. Deshalb gelten die Zölle für nahezu alle Handelspar­tner. Felbermayr schätzt, dass eine Beschwerde gegen die US-Maßnahme bei der WTO gute Chancen hat. Ob sich die USA an eine für sie negative Entscheidu­ng halten würden? Felbermayr zweifelt. Die USRegierun­g kritisiere die WTO schließlic­h laufend als veraltet.

 ??  ?? Am Donnerstag traf US-Präsident Donald Trump beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos ein.
Am Donnerstag traf US-Präsident Donald Trump beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos ein.

Newspapers in German

Newspapers from Austria