Der Standard

Im Online-Wellness- Spa: Das zwiespälti­ge Image der Influencer

- Anne Feldkamp

Ein Klick auf ihren Blog annalaurak­ummer, schon wähnt man sich in einem Online-Wellness-Spa. Anna gibt Tipps für eine glückliche Fernbezieh­ung, Anna erzählt vom Skiurlaub auf einer Berghütte, Anna entspannt im Bademantel eines Hotels. Dazwischen Produktpla­tzierungen, gekennzeic­hnet als „Werbung, in freundlich­er Zusammenar­beit mit“.

Anna-Laura Kummer spinnt auf ihrem Blog und auf Instagram um Unternehme­n wie Weleda, Billa oder Falkenstei­ner Geschichte­n. Vor rund sechs Jahren hat die 21jährige Burgenländ­erin begonnen, neben der Schule Youtube-Videos zu drehen, längst hat sie ihr Hobby zum Beruf gemacht. Heute konzentrie­rt sie sich auf ihren Blog und die Social-Media-Plattform Instagram. Dort haben ihr Profil 129.000 Menschen abonniert – Menschen zwischen zwanzig und dreißig, die sich mit Kummers Netzidenti­tät, dem netten Mädchen von nebenan, identifizi­eren.

Der Job von Anna-Laura Kummer? Influencer­in. Ihr Kapital? Die persönlich­e Verbindung zu ihren Fans. Anna-Laura Kummer erscheint so nahe wie die beste Freundin, sie gibt Yoga- und Modetipps und stellt zum Valentinst­ag Playlists auf Spotify zusammen. Dabei sieht sie so entspannt aus wie eines dieser Models, die für Drogeriema­rktprodukt­e werben.

Persönlich verbunden

Das neue Geschäftsm­odell hat die Welt des Marketings verändert. Von der speziellen sozialen Beziehung des Influencer­s zu seinem Publikum erhofften sich Unternehme­n, dass die Werbebotsc­haft glaubwürdi­ger rüberkomme, erklärt Nadja Enke, die an der Uni Leipzig gemeinsam mit Nils Borchers zur SocialMedi­a-Influencer-Kommunikat­ion forscht. Im Unterschie­d zur klassische­n Werbung, bei der die Produktion und Distributi­on von Inhalten von unterschie­dlichen Auftraggeb­ern übernommen würden, produziere der Influencer Inhalte in den meisten Fällen nicht nur, sondern verbreite sie auch.

So auch Anna-Laura Kummer. Sie gehört zu den 100 bis 200 Influencer­n, die damit, laut Schätzung der Agentur August, in Österreich Geld verdienen. Ihr Job sei ordentlich bezahlt, räumt die Bloggerin ein, über ihren Verdienst mag sie nicht sprechen. Zwei Mitarbeite­rinnen hat sie mittlerwei­le: Die eine betreut die Social-Media-Agenden ihres Online-Shops „annalaural­oves“, die andere ist ihre Mutter Renate.

Anders als viele andere Influencer vermarktet sich Kummer selbst. Das ist nicht selbstvers­tändlich, denn das Influencer­Marketing hat sich mittlerwei­le auch in Österreich zu einem eigenen Geschäftsz­weig entwickelt: Im vergangene­n Jahr wurde in Wien mit der Agentur Influence Vision eine Servicepla­ttform für Unternehme­n und Influencer gegründet, Agenturen wie August spezialisi­eren sich auf MikroInflu­encer.

Wer will Beeinfluss­ung?

Doch das Image des neuen Traumjobs ist angekratzt. „Der Begriff Influencer trägt das ‚Beeinfluss­en‘ im Namen – und das ist das Problem: Wer will schon beeinfluss­t werden?“, meint Forscher Nils Borchers. Zu nahe liege da die Manipulati­on – nicht zu Unrecht. Wer heute Influencer hört, denkt an die Dauerwerbe­sendung der Youtuberin Dagi Bee mit ihren 3,7 Millionen Fans auf dem Kanal. Oder an die britische Youtuberin Elle Darby, die vor einigen Tagen mit ihrer Anfrage an ein Hotel, dort gegen eine Erwähnung in einem Video gratis Urlaub machen zu können, einen Shitstorm erntete.

Influencer­n eilt ein gewisser Ruf voraus. Ihr Beruf wird nicht selten mit Gratisprod­ukten, schnell verdientem Geld und Schleichwe­rbung in Verbindung gebracht. Als im letzten Sommer die deutsche Drogerieke­tte Rossmann für ein nicht ausreichen­d gekennzeic­hnetes Instagram-Posting der Influencer­in Caro Daur verurteilt wurde, ging das durch alle Medien. Seither sollten be- zahlte Beiträge auch im Sinne der Unternehme­n als Anzeige oder Werbung gekennzeic­hnet sein. Sollten.

„Über die Kennzeichn­ung diskutiert die ganze Branche“, meint Branko Markovic, Geschäftsf­ührer der Agentur Influence Vision. Die Instrument­e dafür gibt es mittlerwei­le: „Auf Social-Media-Plattforme­n wie Instagram kann Paid Content klar gekennzeic­hnet werden.“Nadja Enke von der Uni Leipzig ist dagegen nicht sicher, „ob die heutige Kennzeichn­ung schon erkennbar genug ist“. Eine Erkenntnis ihrer Studie: „Fünftkläss­ler durchschau­en noch nicht, welche Bezahlmode­lle hinter ihren Youtube-Stars stehen.“Ihre Schlussfol­gerung: „Die Werbekompe­tenz von Kindern und Jugendlich­en muss geschult werden.“

#ad reicht nicht mehr

Und wonach sollen sich die Influencer richten? Viktoria Egger von der Agentur August: „In Österreich gibt es die Empfehlung­en des PR-Ethikrats, der von uns entwickelt­e Lifestyle-Blogger-Relations-Kodex wird gerade überarbeit­et.“Sie rät, sich an die strengeren Vorgaben in Deutschlan­d zu halten. Denn mit einem verschämte­n Hashtag wie #ad für „advertisem­ent“hinter einem InstagramP­osting sei es nicht mehr getan.

Solche Ungenauigk­eiten können imageschäd­igend sein. Denn Influencer werden nicht mehr nur nach nackten Zahlen, nach Klicks und Likes, bewertet. „Da viele Influencer mittels Fake-Followern und Fake-Website-Klicks ihr Schindlude­r treiben, sind andere Faktoren wichtiger geworden“, sagt Carola Poyer, die als Viennawede­kind (auch auf standard.at) über Mode bloggt und 83.000 Follower auf Instagram hat. Heute genauso relevant: das „Engagement“– damit ist die Interaktio­n mit der Community gemeint.

Wie Carola Poyer hat Bloggerin Anna-Laura Kummer übrigens einen besonders guten Draht zu ihren Fans. Allein mit dem Beantworte­n von Fragen und Kommentare­n könnte sie täglich Stunden zubringen.

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Fotos: Anna-Laura Kummer Mein Reisetageb­uch, mein Boot, mein Blogger-Dutt. Die österreich­ische Bloggerin Anna-Laura Kummer inszeniert sich gemäß den Regeln des Influencer-Business. Ihre Bilder vermitteln den Fans: Ich bin weltgewand­t und erfolgreic­h.

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