„Das ist sehr befremdlich“
Thomas Drozda ist irritiert, dass er nicht über die in seinem früheren Büro gefundene Wanze informiert wurde. Der rote Ex-Minister kündigt eine Reihe von parlamentarischen Initiativen an.
Standard: Im Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache wurde eine Wanze gefunden. Bis zur Angelobung der neuen Regierung war das Ihr Büro. Wurden Sie schon über die Vorkommnisse informiert? Drozda: Ich wurde bis jetzt nicht informiert, kenne diese Geschichte nur aus den Medien. Diese Vorgangsweise finde ich sehr befremdlich und nicht besonders professionell.
Standard: Glauben Sie, dass Sie als früherer SPÖ-Regierungskoordinator das Ziel waren und nicht Heinz-Christian Strache, der am 20. Dezember in das Büro eingezogen ist? Drozda: So, wie es sich aus heutiger Sicht darstellt, war wahrscheinlich eher ich der Adressat und nicht Heinz-Christian Strache, der jetzt der staunenden Öffentlichkeit den Vorfall zur Kenntnis gebracht hat.
Standard: Wenn Sie die staunende Öffentlichkeit ansprechen: Vermuten Sie ein gezieltes Ablenkungsmanöver von den aktuellen Nazigeschichten rund um die Burschenschaft Germania, die die FPÖ in Bedrängnis gebracht haben? Drozda: Ich möchte nicht spekulieren. Ich lese zwar auch John le Carré und andere Spionageromane, bin es aber gewohnt, meine Entscheidungen auf Basis von Fakten zu treffen.
Standard: Welche Schritte werden Sie jetzt setzen? Drozda: Zunächst werden wir parlamentarische Anfragen an den Innen- und den Verteidigungsminister zu den angeblichen Abhörversuchen und dem angeblichen Einbruch im Büro des Vizekanzlers einbringen. Wir wollen wissen, wer wann den Auftrag gegeben hat, das Büro auf technische Abhöreinrichtungen zu untersuchen. Wir wollen wissen, wann die Ergebnisse bekannt geworden sind, welche Stellen über den Verdacht auf einen Einbruch informiert wurden und in welchen Bereichen es Videoüberwachung gibt und was die Auswertung dieser ergab. Zusätzlich werden wir aber auch den Nationalen Sicherheitsrat, der bereits wegen der Burschenschaft Germania einberufen wurde, damit befassen und die Causa auf die Tagesordnung des Geheimdienstauschusses des Parlaments bringen.
Standard: Ist für Sie auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss denkbar? Drozda: Wir werden jetzt die erwähnten Schritte setzen. Wenn wir keine ausreichenden Antworten bekommen, werden wir uns alle Instrumente vorbehalten, auch das schärfste.
Standard: Es gab schon in der Vergangenheit Spionageverdachtsfälle. Ein Telefon im Büro von ExVerteidigungsminister Norbert Darabos wurde 2009 manipuliert. Wie oft werden Ministerbüros auf etwaige Wanzen untersucht? Drozda: Laut dem Staatsschutzgesetz ist das Innenministerium dafür zuständig. Mir ist allerdings in meiner Zeit nie aufgefallen, dass es eine Überprüfung gegeben hätte. Zumindest wurde ich nicht darüber informiert.
THOMAS DROZDA (52) war in der letzten Regierung Kanzleramtsminister sowie auf SPÖ-Seite Regierungskoordinator. In dieser Funktion war er einer der engsten Vertrauten des damaligen Bundeskanzlers Christian Kern.