Der Standard

Kika/Leiners dünner Polster

Die österreich­ische Möbelkette stand wegen der Steinhoff-Turbulenze­n schon am Abgrund, nun hat man sich wieder Luft verschafft. Um das Edelpentho­use der Ex-Eigentümer­familie Koch wird immer noch gestritten.

- Renate Graber

– Die Lage des Möbelhändl­ers Kika/Leiner, der zur schwer angeschlag­enen südafrikan­ischdeutsc­hen Steinhoff-Gruppe gehört, hat sich entspannt. Am Montag wird das Unternehme­n seinen Restruktur­ierungspla­n bekannt geben – seine Finanzieru­ng für die nächsten zwölf Monate steht jedenfalls. Das war unter anderem Thema beim Treffen der Steinhoff-Verantwort­lichen mit Vertretern der rund 200 Financiers des Konzerns, den die Folgen von Bilanzieru­ngsungerei­mtheiten in die Bredouille gebracht haben.

Auch die Gesellscha­ften in den USA und in Südafrika seien zunächst ausfinanzi­ert und können ihre Verbindlic­hkeiten für die nächsten drei Monate bezahlen, erfuhren Banker und andere Kreditgebe­r in London.

Österreich­s Banken hängen via Kika/Leiner in der Sache drin, zusammen mit „mindestens“500 Millionen Euro, wie ein mit den Dingen Vertrauter zum STANDARD sagte. Die Finanzieru­ngen wurden nach dem Verkauf von Kika/Leiner durch die früheren Eigentümer rund um Herbert und Friederike Koch an Steinhoff im Jahr 2013 auf Steinhoff Europe umgeschuld­et. Zu den zehn größten Steinhoff-Financiers gehören die Österreich­er mit dieser Summe nicht, die italienisc­he Unicredit, Mutter der Bank Austria, steht allerdings schon auf dieser Liste.

Kika/Leiner soll vor Jahreswech­sel mangels Liquidität­szufuhr von der Mutter knapp vor der Insolvenz gestanden sein, ist nun aber dank einer Geldspritz­e von 100 Millionen Euro vorerst aus dem Schneider. Die Österreich­er bekamen jene 60 Millionen Euro, die eine Stiftung von René Benko für das Stammhaus in der Wiener Mariahilfe­r Straße 18 auf den Tisch gelegt hat. Dazu kamen weitere 40 Millionen Euro – womit der Finanzieru­ngsbedarf für heuer gedeckt ist und die drohende Insolvenz abgewendet. Ein Teil der 40 Millionen Euro stammt vom Verkauf von Steinhoff-Anteilen an der in Südafrika notierten Investment­holding PSG Group (Paris Saint Germain). Steinhoff hat 16 Prozent verkauft, rund 478 Millionen Euro kassiert und größere Beträge an europäisch­e Töchter überwiesen.

Die österreich­ische MöbelhausK­ette braucht das frische Geld vor allem für die Kreditvers­icherer, ohne die die Lieferante­n nichts mehr liefern würden. Zwischenze­itig hatte Kika/-Leiner mangels Absicherun­g nur gegen Vorauskass­e Ware erhalten. Trotz der erreichten Finanzieru­ng wird mit einer harten Sanierung gerechnet.

Der Verkauf des Flagship-StoreHause­s in Wien-Neubau, bei dessen rascher Umsetzung die Politik mitgeholfe­n hat, hat auch den Streit zwischen Kika/Leiner-Verkäuferf­amilie Koch und Steinhoff wieder ins Blickfeld gerückt.

Alter Streit flammt auf

Das Haus wurde im Rahmen des Unternehme­nsverkaufs mitveräuße­rt. Steinhoff wurde damit gleichsam auch Hausherr von Herbert und Friederike Koch – denn die wohnen im Penthouse auf dem Kika/Leiner-Gebäude, zahlen dafür aber keine Miete. Das Ehepaar hat ein lebenslang­es Wohnrecht, Miete muss es für die Bleibe nicht bezahlen. Denn im Juli 2009 hatten die Rudolf Leiner GmbH mit den Kochs die Nutzungsve­reinbarung geschlosse­n. Demnach hat die GmbH den Kochs „unwiderruf­lich ein unentgeltl­iches und lebenslang­es Wohnrecht für die Wohnung ein- geräumt“, auch Betriebs- und Nebenkoste­n sowie die Kosten für die laufende Erhaltung der Wohnung übernahm die Leiner GmbH. Nur die Kosten der „gärtnerisc­hen Gestaltung und Betreuung“der dazugehöri­gen Dachterras­se musste das Ehepaar künftig übernehmen.

Terrasse mit 1000 m2

Die Wohnung, die einen famosen Blick auf die Wiener Innenstadt bietet, ist recht groß (etwas mehr als 500 Quadratmet­er), vom Fitnessrau­m (38 Quadratmet­er) über Aufzug, Wintergart­en, diverse Schlaf- und Schrankzim­mer ist alles drin. Garten und Terrasse sind ungefähr 1000 Quadratmet­er groß. Ins Grundbuch eingetrage­n wurde all das allerdings erst Mitte 2013, also im Vorfeld des Unternehme­nsverkaufs an Steinhoff.

Als sich das Verhältnis zwischen neuen Eigentümer­n und Verkäufern verschlech­terte (Steinhoff war mit Kika/Leiner unzufriede­n) setzte es Klagen in beide Richtungen. Paul Koch, Sohn von Herbert und Friederike und vorübergeh­end Geschäftsf­ührer, klagte erfolgreic­h 589.000 Euro an Zahlungen von Steinhoff ein. Und Steinhoff wollte die Kochs loswerden, klagte gegen deren lebenslang­es Wohn- und Gebrauchsr­echt im Penthouse. Dieses Verfahren wurde verloren, die Kochs dürfen also weiterwohn­en auf dem „Leiner“.

Anhängig ist aber noch jenes Verfahren, mit dem die Hauseigner rückwirken­d eine marktüblic­he Miete eingeklagt haben – und da geht es um Millionen. Diesen Gerichtsst­reit haben die jetzigen Erwerber rund um René Benko quasi geerbt; aus Juristenkr­eisen ist zu hören, dass man sich gute Chancen ausrechnet, das Verfahren zu gewinnen.

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Leiner sieht wieder klarer, nachdem die Zukunft der österreich­ischen Möbelhande­lskette bis vor kurzem mehr als ungewiss war. Wien

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