Der Standard

Skandal um eine Wanze

- Michael Völker

Mag sein, dass die Wanze im Büro des Vizekanzle­rs ein groß hinausposa­untes Ablenkungs­manöver ist, um die Verstricku­ngen freiheitli­cher Politiker in den braunen Burschensc­haftersump­f medial zur Seite zu schieben. Tatsache ist aber, dass eine Abhörvorri­chtung gefunden wurde, und das ist für sich genommen ein Skandal. Noch ist nicht klar, ob nur der ehemalige Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ), in dessen Büro die Wanze installier­t war, abgehört werden sollte, oder auch Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ), der nach Drozda das Büro bezog. Beides ist gleich schlimm.

Auch die Umstände sind höchst aufklärung­sbedürftig und, man muss das noch einmal in dieser Klarheit sagen, ein Skandal. Drozda wurde bis zum Wochenende nicht davon informiert. Er erfuhr aus den Medien davon. Obwohl die Abhörvorri­chtung bereits vor zwei Wochen vom militärisc­hen Inlandsgeh­eimdienst, dem Heeresabwe­hramt, sichergest­ellt wurde, trat keine Behörde mit Drozda in Kontakt, um ihn davon zu unterricht­en.

Das Abwehramt hatte offenbar weder das vorgesetzt­e Ministerbü­ro noch die Justiz und auch nicht die Kollegen vom Verfassung­sschutz informiert. Erst zwei Wochen nach dem Fund wurde Anzeige erstattet. Die Ermittlung­en wurden dadurch verschlepp­t, wenn nicht gar verunmögli­cht. Hier wird mit der Sicherheit der Republik grob fahrlässig und höchst unprofessi­onell umgegangen.

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