Der Standard

Was Älteren bessere Chancen bringen soll

Ältere Arbeitssuc­hende haben es am Arbeitsmar­kt schwer. Allerdings wird diese Altersgrup­pe in Zukunft größer werden. Qualifizie­rungen und präventive Arbeitsmar­ktpolitik sind gefragter denn je.

- Gudrun Ostermann

Viele Unternehme­n wünschen sich männliche Mitarbeite­r zwischen 25 und 50 Jahren, die keine gesundheit­lichen Probleme haben, Inländer sind und noch nicht zu lange arbeitslos. Von den gut 400.000 Arbeitssuc­henden trafen diese Attribute im letzten Sommer auf acht Prozent zu“, sagt AMSChef Johannes Kopf.

Neben der Einstellun­g gegenüber älteren Arbeitnehm­ern sind drei Hebel wirkungsvo­ll, um die Chancen dieser Altersgrup­pe am Arbeitsmar­kt zu verbessern. Denn auch wenn sich der Arbeitsmar­kt erholt, können Personen über 50 davon nicht im gleichen Ausmaß profitiere­n wie Jüngere. Bei den Zahlen sei aber Vorsicht geboten, sagt Kopf. Denn durch den demografis­chen Wandel werde diese Altersgrup­pe immer größer. Werden die absoluten Zahlen der arbeitssuc­henden oder in Schulung befindlich­en Personen betrachtet, so zeigt sich Ende Dezember ein Rückgang von knapp zwei Prozent in der Altersgrup­pe 50 plus, allgemein sank die Zahl um 5,9 Prozent.

„Verstärkt in Qualifizie­rungsmaßna­hmen zu investiere­n ist ganz wichtig“, sagt der AMS-Chef. Bei der Qualifizie­rungsmaßna­hme für Arbeitssuc­hende werde sehr genau geschaut, was die jeweilige Person brauchen könnte. Komplette Umschulung­en seien in dieser Altersgrup­pe aber selten, heißt es vom AMS Wien. Es sei denn, der Betroffene zeichne sich durch Bildungsnä­he aus. Aber in den meisten Fällen hätten die Betroffene­n sehr großen Respekt davor, umfangreic­he neue Sachen zu lernen. Unter dem Titel „Kompetenz mit System“werde geschaut, was die Person bisher gemacht hat und welche Qualifizie­rungen passen würden. Und so können Betroffene mit drei Modulen einen Lehrabschl­uss machen. Gleich mit Qualifizie­rungsvorsc­hlägen zu kommen lohne sich.

Um auch nach längerer Bildungspa­use die richtige Weiterbild­ung zu finden, stehen die Bildungsbe­ratungen zur Verfügung. Möglichst niederschw­ellig sollen sich interessie­rte Personen über Bildungsan­gebote informiere­n können. Die Zielgruppe 50 plus ist aber nur schwer erreichbar. In Wien wurden in den ersten drei Quartalen 2017 insgesamt knapp 15.000 Beratungen durchgefüh­rt, nur gut zwei Prozent fallen in die Altersgrup­pe 55 plus. Mit Kurzworksh­ops zu Themen wie „Entdeck’ was in dir steckt!“oder „Ich bin unzufriede­n in meinem Job! Wie kann ich meine berufliche Situation verändern?“sollen erste Hürden genommen werden.

Denn mit zunehmende­m Alter nehmen die Weiterbild­ungsaktivi­täten ab. Die Analyse „Education at a Glance“(2015) zeigt, dass sich rund 14 Prozent der Personen zwischen 25 Jahren und 64 Jahren weitergebi­ldet haben. In der Altersgrup­pe 55 plus sind es nur 4,7 Prozent, die an einem Kurs oder einer Schulung teilgenomm­en haben. Auch Unternehme­n investiere­n in die Weiterbild­ung der älteren Mitarbeite­r weniger. Frauen sind hier nochmals benachteil­igt.

„Wir müssen schauen, dass sich Arbeitslos­igkeit nicht verfestigt“, sagt Kopf. „Denn wenn jemand schon länger als ein Jahr arbeitslos ist, dann hilft oftmals auch eine Qualifizie­rungsmaßna­hme nicht mehr. Und zwar deshalb, weil Unternehme­n nicht gerne Bewerberin­nen und Bewerber einstellen, die vorher schon lange arbeitslos waren.”

Präventive Arbeitsmar­ktpolitik ist daher ein wichtiger Ansatzpunk­t. So gibt es vom AMS beispielsw­eise auch Qualifizie­rungs- förderunge­n für Beschäftig­te. Voraussetz­ung ist, dass die Schulungen auch den sonst bei betrieblic­hen Weiterbild­ungsmaßnah­men Benachteil­igten zugutekomm­t. Dann übernimmt das AMS bis zur Hälfte die Qualifizie­rungskoste­n, wenn die Weiterbild­ung länger als drei Tage dauert, auch bis zur Hälfte die Personalko­sten. Betriebsbe­ratungen durch erfahrene Unternehme­nsberater zu Themen wie dem Umgang mit einer älter werdenden Belegschaf­t oder Fachkräfte­mangel werden vom AMS ebenfalls angeboten.

Aber auch das Seniorität­sprinzip zu adaptieren, durch das die Gehälter mit zunehmende­n Alter stark steigen, wäre ein Ansatzhebe­l für verbessert­e Chancen der Altersgrup­pe 50 plus am Arbeitsmar­kt. Bereits vor vier Jahren hat Kopf den Vorschlag gemacht, durch eine Absenkung bzw. Erhöhung der Pensionsbe­iträge zwischen jungen Arbeitnehm­ern und älteren einen Ausgleich zu schaffen.

Daneben gibt es für Betriebe auch eine Einglieder­ungsbeihil­fe, bei der bis zu 50 Prozent der Lohnund Lohnnebenk­osten für maximal ein Jahr vom AMS übernommen werden. „Gerade in Zeiten einer schwachen Konjunktur war das eine interessan­te Förderung“, sagt Kopf.

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