ÖVP verteidigt in Niederösterreich absolute Mehrheit
Triumph für Mikl-Leitner, FPÖ fast verdoppelt, Grüne und Neos im Landtag
St. Pölten – Die niederösterreichische Volkspartei unter der neuen Landeshauptfrau Johanna MiklLeitner konnte am Sonntag das Ergebnis von 2013 annähernd halten und kam auf knapp 50 Prozent, damit konnte die absolute Mehrheit im Land verteidigt werden. MiklLeitner, die erst im April 2017 auf Langzeit-Landeshauptmann Erwin Pröll folgte, hat mit diesem Ergebnis die zuletzt veröffentlichten Umfragen deutlich übertroffen.
Die SPÖ mit Spitzenkandidat Franz Schnabl erreichte am Sonntag knapp 24 Prozent, das ist ein leichter Zugewinn gegenüber der Landtagswahl von 2013. Rückenwind kam laut Wahltagsumfragen offenbar aus der Protesthaltung gegen die türkis-blaue Koalition auf Bundesebene.
Die FPÖ, deren Spitzenkandidat Udo Landbauer aufgrund antisemitischer und rassistischer Liederbücher in seiner Burschenschaft für heftige politische Diskussionen gesorgt hatte, kam auf knapp 15 Prozent. Damit konnte die FPÖ das Potenzial, das ihr prognostiziert wurde, nicht ausschöpfen, die Mandate im Landtag konnten aber verdoppelt werden.
Unmittelbar vor der Wahl hatte Mikl-Leitner jede Zusammenarbeit mit Landbauer ausgeschlossen, dieser schade dem Land. Ob die ÖVP tatsächlich verhindern kann, dass Landbauer Landesrat wird, ist noch unklar. Der FPÖ steht aufgrund des Proporzsystems jedenfalls ein Posten in der Landesregierung zu.
Die Grünen schafften am Sonntag klar den Wiedereinzug in den Landtag, sie erreichten 6,4 Prozent der Stimmen. Das ist gegenüber 2013 ein leichter Verlust. Da die Grünen nur noch drei statt bisher vier Mandate im Landtag haben, verlieren sie damit den Klubstatus, was auch finanzielle Auswirkungen hat. Spitzenkandidat Helga Krismer zeigte sich über das Ergebnis dennoch erleichtert.
In den Landtag dürften bei ihrem ersten Antreten die Neos kommen, für die mit Spitzenkandidatin Indra Collini rund fünf Prozent der Stimmen und zwei Mandate hochgerechnet wurden. (red)
Die ÖVP hat erfolgreich tiefgestapelt. Absolute Mehrheiten seien heute nicht mehr erreichbar. 45 Prozent wären, so wiederholte es Johanna Mikl-Leitner im Wahlkampf stakkatoartig, bereits ein „sensationelles Ergebnis“. Im Cityhotel in St. Pölten, wo sich die niederösterreichischen Schwarzen – Türkis ist dort noch nicht die neue Modefarbe – am Sonntagabend versammelten, war dann aber schnell klar, dass die Landeshauptfrau nur geringfügig schlechter als Vorgänger Erwin Pröll abgeschnitten hat.
„Ich empfinde in dieser Stunde der Freude ganz tiefe Dankbarkeit für den Vertrauensvorschuss, den mir die Landsleute gegeben haben“, gab Mikl-Leitner zu Protokoll. Pröll bescheinigte ihr einen „bravourösen“und „fehlerfreien Wahlkampf“, ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz sprach von einem „Wahlsieg, der weit über das Erwartbare hinausgeht“. Bescheiden gaben sich aber nicht alle bei der ÖVP-Wahlparty. Der Liveeinstieg des ORF bei der SPÖ wurde mit Gelächter begleitet, schon bevor die Leitung aus dem Cityhotel unterbrochen war.
Innerhalb der Volkspartei sicherten die Niederösterreicher damit Platz eins klar ab. Das zweitbeste Landesergebnis fuhr zuletzt Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner mit 41,8 Prozent ein. Niederösterreich ist und bleibt somit das einzige Bundesland, in dem die Regierungspartei noch die absolute Mandatsmehrheit innehat (die ist bereits bei etwas weniger als 50 Prozent möglich).
Für die Landesblauen brachte der Wahlsonntag eine gemischte Bilanz. Einerseits konnte man sich im Vergleich zur Wahl 2013 fast verdoppeln, andererseits lag man in den Umfragen bereits bei rund 20 Prozent. Spekuliert wurde daher darüber, welchen Einfluss die jüngste NS-Liederbuchaffäre rund um die Burschenschaft Germania hatte, deren Vizevorsitzender FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer bis vor wenigen Tagen war.
Proporzsystem
Dieser hatte zwar entschieden dementiert, etwas von antisemitischen oder rassistischen Burschenschafterliedern gewusst zu haben, Mikl-Leitner hatte am Tag vor der Wahl allerdings medienwirksam mitgeteilt, dass sie eine künftige Zusammenarbeit mit Landbauer ausschließe. Am Sonntag blieb sie vager, ihre Hand bleibe „ausgestreckt“.
Wegen des Proporzsystems in der niederösterreichischen Lan- desregierung kann die ÖVP allerdings keinen Einfluss darauf nehmen, wen die FPÖ nominiert. Landbauer selbst wollte sich am Sonntag nicht festlegen, ob er selbst Landesrat werden möchte. Gottfried Waldhäusl, der blaue Klubchef im Landtag, schloss jedenfalls aus, in die Landesregierung zu wechseln. „Ich bleibe Klubobmann.“Über alles Weitere will die FPÖ bereits am Montag beraten, abends tritt der Vorstand zu einer Sitzung zusammen.
Politische Beobachter hielten es am Sonntag für nicht unwahrscheinlich, dass Landbauer nicht selbst in die Landesregierung wechseln wird. Die Aussagen von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky deuteten allerdings nicht unbedingt in diese Richtung. „Wir tauschen überhaupt niemanden aus“, erklärte er. Der blaue Landesgeschäftsführer Christian Hafenecker sprach von einer „beispiellosen Medienkampagne in den letzten Tagen vor der Wahl“.
Für die SPÖ konnte Spitzenkandidat Franz Schnabl zumindest ein Ziel erreichen. Erstmals nach 15 Jahren gab es wieder ein Plus in Niederösterreich. Wenn auch das Ergebnis das zweitschlechteste aller Zeiten im Bundesland ist, so wurde doch der angepeilte „Turnaround“geschafft, auch wenn die absolute Mehrheit der ÖVP nicht gebrochen werden konnte.
Grünes Aufatmen
Die Grünen mit Helga Krismer konnten nach dem Debakel bei der Nationalratswahl aufatmen und sich immerhin im Landtag halten. Profitiert hat die Partei sicher davon, dass die Liste Pilz, die im Oktober noch massiv Stimmen abzog, heuer alle vier Landtagswahlen auslässt. Ähnlich wie bei den Freiheitlichen gehörte Niederösterreich aber historisch gesehen nie zu den stärksten Regionen der Grünen. Eingezogen sind sie erst im vierten Anlauf 1998 in den Landtag. Die 8,1 Prozent bei der letzten Wahl 2013 waren bisher das beste Ergebnis. Bisher immer nur einstellig blieben die Grünen sonst nur noch im Burgenland und in der Steiermark.
Die Neos mit der noch wenig bekannten Spitzenkandidatin Indra Collini schafften am Sonntag den Einzug in den dritten Landtag. Bisher sind sie nur in Wien und in Vorarlberg im Landesparlament vertreten. In Niederösterreich sind die Pinken nun die achte Landtagspartei in der Zweiten Republik.
Großartig verändern wird sich das Endergebnis in den kommenden Tagen nicht mehr. Denn in Niederösterreich wird – anders als bei Bundeswahlen – die Briefwahl gleich am Sonntag mitgezählt. Am Dienstag werden nur noch Wahlkarten ausgewertet, die in „fremden“Wahlkreisen ausgegeben wurden. Zur Orientierung: Das waren 2013 nur rund 1500.
Amtlich wird das Endergebnis am Donnerstag mit der Sitzung der Landeswahlbehörde. Ist eine Partei der Meinung, die Wahl lief nicht korrekt ab, kann sie binnen vier Wochen eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof einbringen. Überlegungen in diese Richtung gab es von den Grünen, weil es, wie mehrfach berichtet, eine unterschiedliche Auslegung der Nebenwohnsitzerregelung durch die Gemeinden gab.